Quo vadis / Leitbild

„… dat sin mer“

Die Kölsche Funke rut-wieß beantworten die Frage nach ihrem Selbstverständnis

Die Roten Funken sind das älteste Traditionscorps der Stadt, sie sind der mitgliedsstärkste Kölner Verein zur Pflege des karnevalistischen Brauchtums und schließlich sind die Roten Funken nicht nur zu einem Synonym für den Karneval in Köln, sondern auch für das Lebensgefühl der Kölner geworden…

Eine Bilanz, mit der man angesichts des nahenden 200. Geburtstags durchaus zufrieden sein könnte. Anfang 2020 starteten die Funken einen Prozess, mit dem man nicht die eigene Selbstzufriedenheit bedienen, sondern die Weichen für die Zukunft stellen wollte. Im Zentrum stand die Frage: Wer sind wir? Wofür stehen wir? Was ist die DNA der Roten Funken? Um dann aus dieser Selbstbeschreibung auch Aufgaben und Ziele für die Zukunft zu identifizieren.

In mehreren Workshop-Runden erarbeiteten die Teilnehmer konkrete Ergebnisse, diskutierten sie und fassten sie in Leitsätzen zusammen. Am Ende eines solchen Prozesses steht oft eine kernige Aussage (neudeutsch: Claim), die in einem Halbsatz das Wesentliche zusammenfasst. Die Roten Funken entschieden sich anders: Für jeden Baustein der Funken-DNA gibt es jetzt einen eigenen Leitsatz, der diese beschreibt und mit dem Zusatz „… dat sin mer“ unterstreicht.

Dabei sind diese Aussagen nicht statisch, sondern können sich je nach Anlass und Umständen auch verändern – müssen aber immer auf den Wesenskern der Roten Funken einzahlen.

In weiterführenden Workshops wurden wichtige Arbeitsfelder für die zukünftige Entwicklung und Positionierung der Roten Funken herausgearbeitet. Die Leitsätze geben dabei immer die Richtung vor und bestimmen den Geist, aus dem diese Arbeiten erledigt werden. Damit die Arbeitsergebnisse dann „typisch Rote Funken“ sind.

Kölsch vun unge bis bovve... dat sin mer

Ein Roter Funk steht mit seiner ganzen Person für all das, was einen Kölner ausmacht: Er ist offen, gesellig und seinen Mitmenschen zugewandt. Dabei bringt er immer eine Portion Humor ins Spiel, die das Zusammenleben erleichtert und jedem aufkeimenden Konflikt im Vorfeld die Schärfe nimmt. In ihrem Verhältnis zu ihrer Heimatstadt sind die Roten Funken durchaus ambivalent: Sie halten ihre Stadt uneingeschränkt für die schönste der Welt. Aber wie alle Kölner sind die Roten Funken weltoffen, reisen gerne und kennen die schönsten Städte aus eigener Anschauung. In der Konsequenz haben sie eine gesunde Distanz zum Stadtgeschehen, die ihre Lust am Widerspruch durchaus anstachelt.

Stippefott zick 1823 - dat sin mer

Die Roten Funken sind die Nachfolger der Stadtsoldaten. Militärisch nur bedingt eine Tradition auf die man sich berufen könnte. Ihre soldatischen Defizite (sie hatten nie den Umgang mit dem Gewehr gelernt) kompensierten die Stadtsoldaten mit rheinischer Logik. Zur Abwehr der napoleonischen Truppen riefen sie den Franzosen angeblich entgegen: Nit scheeße, he stonn doch Minsche.“ Diese unmilitärische, durch und durch pazifistische Grundhaltung, die so unangepasst wie vernünftig ist, haben sich die Roten Funken bis heute erhalten. Das gegenseitige Reiben der Hinterteile beim Tanz ist darum nicht nur ein Spaß, sondern auch eine Botschaft.

Met Fründe zesamme op kölsche Art ... dat sin mer

Bei den Roten Funken findet man Freunde fürs Leben. Aber Freundschaften werden manchmal auch auf die Probe gestellt. Gemäß dem Motto „Jede Jeck is anders“ respektieren die Roten Funken einander und lassen sich gegenseitig den nötigen Freiraum. Das erleichtert es, aufeinander zuzugehen – auch wenn es mal Ärger gab. Darum haben ihre Freundschaften Bestand und darum stehen sie füreinander ein. Wenn’s gut läuft – und erst recht, wenn es mal schlecht läuft.

Maache un laache,.... dat sin mer

Ein Roter Funk guckt nicht gerne zu, er macht gerne selbst. Rote Funken ergreifen Initiative, sind Vorreiter, Impulsgeber, Macher. Aber sie sind auch Menschen – genauer Kölner Menschen. Als solche tragen sie die Fähigkeit zum Unfertigen, Nicht-zu-Ende-Gedachten, zum Unperfekten in sich. Das zermürbt sie allerdings nicht und wirft sie auch nicht in tiefe Selbstzweifel. Über ihr Unvermögen können sie lachen – solange die Gesamtbilanz des Gemachten positiv ausfällt.

Ejal woher do küss… dat sin mer

Wenn man die Uniform des Roten Funken überzieht, spielen Berufstand, sozialer Status, Herkunft oder Kontostand keine Rolle mehr. Alle sind gleich – eben Rote Funken. Das erleichtert das Zusammenleben und stellt die sozialen Kompetenzen in den Vordergrund. Und wenn man von der Uniform in die Alltagskleidung wechselt, bleiben Beziehungen, die mehr sind als ein Netzwerk von nützlichen Kontakten.

Mer losse keine im Rän stonn …dat sin mer!

Rote Funken genügen sich nicht selbst, sie sind „Minschefründe“, die anderen mit Empathie begegnen. Das gilt besonders für diejenigen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens ihren Platz gefunden haben. Heute laufen Rote Funken an den Karnevalstagen durch Kölns Straßen und sammeln mit ihrer „Kötterbüchs“ beträchtliche Summen für soziale Zwecke. Und dieses Engagement für diejenigen, denen es nicht gut geht, hat Tradition: Im ersten Weltkrieg schickte Rote-Funken-Präsident Theo Schaufuß an 5o Roten Funken an der Front pro Jahr rund 320 selbst gepackte Pakete mit „Liebesgaben“ aus der Heimatstadt.

Rut un wieß un drinne bunt... dat sin mer!

Jeder Rote Funk hat ein Innenleben. Und das steht in krassem Gegensatz zu seinem äußeren Erscheinungsbild. So uniform und traditionell er daherkommt, so bunt und vielfältig sieht es in seinem Inneren aus. Überall sammelt er Neues und vereinnahmt es: Bei ihm gehört Techno-Musik zur Traditionspflege wie Kötten zum Karneval. Er sucht die Vielfalt und wünscht sich Toleranz für alles, was nicht konform ist.