Die Geschichte der Roten Funken
Eine bewegende Geschichte
Der Krieg hatte Köln in Schutt und Asche gelegt.
Die Funken standen auch in der ersten Reihe, als es darum ging, den Gürzenich zu entschutten. Am 11.11.1955 zogen sie mit Fackelzug und klingendem Spiel als erste Karnevalsgesellschaft in den fertigen Gürzenich ein. Im selben Jahr begannen sie eine Aufgabe, die einem Kraftakt glich: Sie entschutteten ihr eigenes späteres Hauptquartier, die Ulrepforte. Die Stadt überließ der Gesellschaft die mittelalterliche Torburg in Erbpacht. Ganz nach dem Satz „mer kennt sich, mer hilf sich“ stellte damals Vorstandsmitglied Fritz Fuhr, als Bauunternehmer mit dem Spitznamen „Zementbüggel“, das notwendige Rüstzeug zur Entschuttung – und übernahm anschließend mit seiner Firma die Wiederaufbauarbeiten.
Am ersten Tag wurden 28 Lastwagen Schutt abtransportiert. Selbst der damalige Bürgermeister Theo Burauen, der als Oberbürgermeister später den Rote-Funken-Namen General „Flintenbein“ erhielt, packte mit an. „Umzug“ war bereits am 30.9.1956. Mit wölle Krätzche und Besenstielen, vorneweg die Regimentsmusik des Hardy von den Driesch, zogen die vier Knubbel über die Ulrichgasse zum fahnengeschmückten Turm. Die Funken hatten endlich eine feste Bleibe, und was für eine! Viele Einrichtungsschätzchen, darunter die Szenen aus dem Funkenleben des Kunstmalers Jupp Stolzen- konnten über den Krieg gerettet werden und viele wurden gestiftet. Es seien nur einige Beispiele genannt, die der Ülepooz ihre besondere Gemütlichkeit geben: Die Farbglasfenster, darunter eines im Senatszimmer, das die die Postwagengruppe im Rosenmontagszug verewigt hat. Außerdem acht prächtige Sessel des Senatszimmers, in die alle Wappen und Zeichen Kölner Geschlechter und Handwerke eingeschnitzt sind, dazu gibt’s einen passenden Tisch.
Die Schmuckstücke stammen aus dem Nachlaß des Funkenfreundes Heinrich Becker. Zu den Schmuckstücken gehören auch der Intarsientisch , die holzgeschnitzten Funkenfiguren auf den Lampenbalken in der Wachstuvv, die Wetterfahne mit zwei wibbelden Funken, die Torbeleuchtung und die beiden Kanonen auf den Ecken der Caponniere. Und nicht zu vergessen die Funkenuhr, die das Korps aus Anlaß des 75. Geburtstags von Präsident Hamacher „Hardes vun Fluh“, 1963 stiftete. Das Ziffernblatt zeigt den damaligen Präsidenten und Kommandanten Hamacher, der auf einem Floh reitet. Und damit man sich all die schönen Dinge auch zukünftig leisten kann, hatte Senatspräsident und Funkengeneral „Nippfigürche“, seinerzeit der wichtigste Mann in der Kölner Porzellan-Brache, zu seinem 65. Geburtstag die „Fritz Everhan Stiftung“ zur Erhaltung und zum Ausbau der Ulrepforte ins Leben gerufen. Heute ist der Haupttitel der Stiftung Freunde und Förderer der „Ühlepooz“, mit „h“ geschrieben, daran sieht man, daß die kölsche Schreibweise eine Glaubensfrage ist. Auch nach dem Krieg betrieben die Roten Funken aktive „Außenpolitik“, sie blieben, anders als ihre Vorgänger nicht in den Stadtmauern stecken, sondern eroberten die Welt. Dabei ging’s 1955 gleich hoch hinaus, das Korps reiste auf die Zugspitze. Weit weg zog es eine Funkenabordung 1961. Am 30. September nahmen sie an der New Yorker Steubenparade teil. Und dort geschah etwas Einmaliges. Mit ausdrücklicher Genehmigung der Kölschen Funken darf sich seitdem eine Vereinigung von Deutsch-Amerikanern mit dem offiziellen Titel „Kölsche Funken rut-wieß vun 1823 seit 1961 in New York“ schmücken. Die amerikanische Begeisterung für das Kölner Korps geht soweit, daß zumindest in den Anfangsjahren Uniformen nach Maß in Köln geschneidert wurden und dann nach New York gingen. Was die Funken alles so treiben, das wird seit 1968 in der Zeitung „Stippeföttche“ zur Kenntnis gebracht. Die „Funkepoß aus d´r Ülepooz, Intelligenzblättche der Kölsche Funke rut-weiß vun 1823“ wird sogar bis in die USA verschickt. Überhaupt sind ausländische Gäste stets beeindruckt vom Funken-Leben. Höchste Militärattachés wohnen alljährlich mit Begeisterung dem Korpsappell mit Regimentsexerzieren der Funken bei.
Noch ein paar Worte zur Satzung. Dort ist auch für den Fall, der hoffentlich niemals eintreten wird, Vorsorge getroffen worden. Sollten sich die Funken einmal auflösen, dann fällt das Eigentum der Gesellschaft an die Stadt – unter der Verpflichtung, das Barvermögen zur Pflege kölnischer Eigenart und Sprache zu verwenden und die Kunstgegenstände und Erinnerungsstücke in einem Museum auszustellen. In einem solchen Fall müssen sich auch die Knubbel unterordnen: „Bei Auflösung des Vereins sind auch die Knubbel aufgelöst“, heißt es in der Satzung. Aber keine Angst, die Roten Funken haben soviel überlebt, sie werden nicht wie ihre Vorgänger eines Tages spurlos verschwinden. Zukunftspläne gab’s und gibt’s zuhauf, und sie werden in die Tat umgesetzt. So haben die Funken inzwischen das Tiefgeschoß des Caponnierebaus bis unter die Fahrbahndecke des Sachsenrings für die urgemütlichen Knubbelabende ausgebaut. Mit diesem ehrgeizigen Bauvorhaben wurde 1972 begonnen.
Geschichte der Soldaten der „Freien Reichsstadt Cölln“ genannt „Rote Funken“
Vorwort - Friedel Schwarz, Helmut Thielen
Der bekannte Kölner Journalist Helmut Signon schrieb 1972 in einem Buch anläßlich des 150-jährigen Bestehens der „Roten Funken“ über deren Vorgänger:
Die abgezehrten, meist alten, müden und leicht bedusselten Komißköppe wurden herumgeschubst und verspottet. Ihre Dummheit war sprichwörtlich, und ihr armseliges Duldertum äußerte sich im Strümpfestricken, während das Gewehr traurig an der Wand lehnte.“
Ein Jahr später -1973- hieß es im „Jubiläums, Fess- und Leederheff“ der Roten Funken:
Die 1660 zur Wahrung innerstädtischer Ordnung und Sicherheit aufgestellten Berufssoldaten-Truppe bestand aus 166 Mann und war mehr eine Wach- und Polizeitruppe als eine kriegerische. Sie setzte sich aus vielerlei abenteuerlichen Gestalten zusammen, deren Ruf nicht der Beste war. Der Sold war gering, die Disziplinarstrafen hart: Stockschläge, Straf- eselreiten und Arrest.“
Und noch ein Beispiel: Der unvergessene Funkenpräsident Eberhard Hamacher (Hardes vun Fluh) schrieb 1964 über das Ende der Kölner Stadtsoldaten wie folgt:
Als im Jahre 1794 die Franzosen als Eroberer vor den Mauern Kölns erschienen, ergriffen bei den ersten Schüssen die niemals tapfer gewesenen Stadtsoldaten die Flucht und waren plötzlich verschwunden, wie von der Erde verschluckt; manche Einrichtung der damaligen Zopfzeit teilte dieses Schicksal mit ihnen. Aus dem allgemeinen Wirrwarr ist keine Kunde gekommen, die etwa die formelle Auflösung dieser städtischen Soldateska anzeigte. Wie es heißt, seien die Funken damals nach Mainz geflohen.“
Dies jedoch, und hier räumt eine neue Funkengeschichtsschreibung mit den weit verbreiteten Vorurteilen auf, ist nicht der Feigheit der Funken zuzuschreiben, vielmehr der Übermacht des Gegners und der Tatsache, dass 236 Funken, zusammen mit den anderen mittlerweile dem Reichsheer angehörenden Soldaten 1794 nach Mainz verlegt wurden und drei Jahre später nach Philippsburg in die Nähe von Speyer zogen. Hier wurde der Funkenkommandant von Klespe sogar zum Platzmajor ernannt.
1799 berannten die übermächtigen Franzosen die Festung, viele der Verteidiger fielen oder kamen in französische Gefangenschaft. Der Rest von 37 Mann wurde in die Nähe von Hambach am Main verlegt. Nach der Auflösung des Reichsheers kehrten hiervon ganze 17 Funken in ihre Heimatstadt Köln zurück. Aus der Gefangenschaft kamen später auch noch 80 Mann „zo Foß noh Kölle“.
Der Kölner Heimatforscher Friedel Schwarz beschäftigte sich lange mit der Geschichte der alten Kölner Stadtsoldaten. Ihm ist es zu verdanken, dass es heute eine (fast) lückenlose, historisch haltbare Geschichte der „ähnze Funke“ gibt. Von deren Entstehung ca. 1660 über den Auszug aus Köln im Jahre 1794, ihr Wirken in den Revolutionskriegen bis 1801 bis zu ihrem Wiederauftreten im Jahre 1823 wird im folgenden berichtet.
vun 1660 bis 1793
Vorgeschichte und Entstehung
Der deutsche Reichstag beschloß im Jahre 1654 in Regensburg ein Grundgesetz zur deutschen Wehrverfassung. Nach §178 dieses sog. „jüngsten Reichsabschiedes vom Jahre 1654“ erhielt die Reichskriegsverfassung eine föderative Grundlage, die ganz auf der Kreisverfassung des deutschen Reiches und der Reichsexecutionsordnung aufgebaut war. Danach mußten die einzelnen Reichsglieder und Stände zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, zur Vollziehung der Reichstagsbeschlüsse sowie zur besseren Verteidigung gegen äußere Feinde für Reich und Kaiser eine bestimmte Anzahl von Reitern und Fußtruppen zur Verfügung stellen.
Organisatorisch war das damalige Deutsche Reich in zehn Kreise gegliedert. Die Kreisverwaltungen bildeten dann aus den einzelnen Kontingenten die Kreistruppen und aus diesen Truppen wurde im Falle eines Krieges die Reichsarmee gebildet.
Nach dem Reichsgutachten von 1678 waren die Kreise angewiesen worden, schon im Frieden eine entsprechende Anzahl von Mannschaften bereit zu halten. Namentlich sollten die Befehlshaber vollzählig sein und die Stände angehalten werden, „rechtzeitig eine Anzahl tauglicher Leute anzuwerben und dieselbst in Dienst oder Wartgeld zu nehmen“. Durch Reichstagsbeschluß vom 30. August 1681 wurde festgesetzt, wieviel jeder Kreis zur Reichsarmee beizutragen hat. Die Aufteilung der zu stellenden Mannschaften und der zu leistenden Geldbeträge auf die einzelnen Stände war jetzt Sache des jeweiligen Kreises. Auf den Kreistagen wurden die Kriegsmatrikel und die Leistungen der Stände festgelegt. Der niederrheinisch-westfälische Kreis, zu dem auch die „freie Reichsstadt Cölln“ gehörte, mußte nach der Reichsmatrikel von 1681 als einfaches Kontingent (Simplum) 1321 Mann zu Pferd und 2708 Mann zu Fuß stellen. Der Anteil der „freien Reichsstadt Cölln“ betrug 383 Mann zu Fuß.
Die Stadt Köln kam ihrer Pflicht nach und begann mit dem Aufbau einer stehenden Söldnertruppe. 1681 hatte diese eine Stärke von 3 Kompanien (Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 49 (1978) S. 118 ff.) . Als im Juni/Juli 1684 französische Truppen ins Rheinland einrückten, ließ der Rat noch 1000 Mann Kreistruppen als Verstärkung in die Stadt kommen, die Köln nach dem Waffenstillstand vom 15. August wieder verließen. Nach Beendigung der Gülich’schen Unruhen in Köln zu Beginn des Jahres 1686 wurden nochmals 300 bis 400 Mann in die Stadt geholt, um zusammen mit den Stadtsoldaten für die Aufrechterhaltung der Ruhe zu sorgen.
Mit Beginn des pfälzischorleans’schen Krieges 1688 geriet auch die „freie Reichsstadt Cölln“ in Gefahr, von den Truppen Ludwigs des XIV. überrannt zu werden. Die Stadt verstärkte daraufhin im September 1688 ihre Verteidigungsanstrengungen und beschloß die Anwerbung von „200 ungeweibten, wackeren Kerls“ zur Verstärkung der Stadtsoldaten. Außerdem zogen am 20. September durch das Eigelsteintor 1200 Mann Pfalz-Neuburgische und 1200 Mann Brandenburgische Kreistruppen als Sicherheitsmaßnahme in die Stadt ein. Sie waren vorher von den städtischen Kriegskommissaren auf den Rat der Stadt vereidigt worden. Die Lage Kölns wurde in den Monaten Oktober und November immer bedrohlicher, die Gefahr einer Belagerung wuchs. Der Rat wandte sich hilfesuchend an den Kaiser und das Kreisdirektorium. Daraufhin wurden nochmals 1200 Mann der Brandenburgischen Regimenter „Ziehten“ und „Holstein“ sowie 2000 Mann Waldeck’sche Kavallerie in die Stadt gelegt. Insgesamt waren somit rd. 6.000 Soldaten in der Stadt.
In der Zwischenzeit verwüsteten die Franzosen das Kölner Umland. Durch Handstreiche und Streifzüge der Kölner Verteidiger wurden die Franzosen dauernd in Atem gehalten, doch erst die Schlacht bei Uerdingen am 12. März 1689 entspannte die Lage wieder. Der Gegner zog sich in die Bonner Gegend und ins Siebengebirge zurück.
Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg, der das Oberkommando über die Reichstruppen hatte, begann am 24. Juli die Belagerung von Bonn. Sämtliche Kreistruppen der Garnison Köln und auch Stadtkölnische Soldaten mit 6 Kartaunen (schwere Geschütze des 15.-17. Jahrhunderts) waren an der Belagerung beteiligt. Die Einnahme Bonns am 12. Oktober 1689 wurde in Köln mit einem „Te Deum“ und einem Feuerwerk am 23. Oktober, dem Fest des heiligen Severinus, gefeiert.
Im weiteren Verlauf des Krieges blieben noch zwei Bataillone Brandenburgischer Truppen als Garnison in Köln. Der Unterhalt der Kreistruppen und andere Kriegslasten belasteten die städtischen Finanzen so sehr, dass man gezwungen war, bei den Kaufleuten Geld zu leihen. Die städtischen Soldaten mußten einmal ein halbes Jahr auf ihren Sold warten. Nach Beendigung des Krieges 1697 hatte die Stadt große finanzielle Schulden, aber als kleines reichsstädtisches Gemeinwesen zwischen den großen Mächten seine Freiheit und Unabhängigkeit behauptet, in der Politik immer ganz auf die Treue zu Kaiser und Reich ausgerichtet.
Das Kölner Stadtmilitär im 18. Jahrhundert
Im gesamten 18. Jahrhundert unterhielt die „freie Reichsstadt Cölln“ ihr Militärkontingent und kam so ihrer reichsstädtischen Pflicht nach. Die Stärke der stadtkölnischen Truppe betrug im Schnitt 3 Companien (300 Mann). In Kriegszeiten wurde die Truppe erheblich verstärkt. Während des polnischen Erbfolgekrieges 1733-1735 hatte sie eine Stärke von 1000 Mann, 318 davon waren zur Reichsarmee abkommandiert.
Während des siebenjährigen Krieges hielt die Stadt ca. 660 Mann unter Waffen. Das war zu diesem Zeitpunkt eine Notwendigkeit, weil für die Dauer des Krieges französische und österreichische Regimenter in der Stadt einquartiert waren. Um die Ordnung aufrecht zu halten und die Bevölkerung vor Übergriffen fremder Soldaten zu schützen, wurden die Kölner Soldaten als Militärpolizei eingesetzt.
1757 forderte der kaiserliche Resident, der zugleich Kreisvertreter des Kaisers war, den Kölner Magistrat auf, „der Erfüllung seiner Reichspflichten nachzukommen und die Stellung des Kontingentes zur Reichsarmee zu vollführen“. Der Magistrat bestand aber auf dem in der Reichsgesetzgebung vorgesehenen Recht „auf Ablösung des Kontingents durch Relationsgelder“, d.h., statt der Stellung einer Mannschaft eine entsprechende Geldleistung an den niederrheinisch-westfälischen Kreis zu zahlen. Ein entsprechender Vertrag wurde von beiden Parteien am 15. Dezember geschlossen.
Der kaiserliche Resident versicherte, „dass die freie Reichsstadt Cölln ihrer Reichsschuldigkeit ein volles Genüge geleistet hat und fürderhin auch deshalb in keiner Weise belangt oder vorgefordert werden soll“.
Durch die lange Dauer des Krieges geriet die Stadt mit ihren Zahlungen in Verzug, da sie außerdem noch Kriegssteuer und die Einquartierungskosten der verbündeten Truppen in der Stadt bezahlen mußte. Ein kaiserliches Reskript vom 28.07.1762 kündigte eine Maßregelung der Stadt an. Daraufhin nahm Köln neues Kapital auf, um den Reichspflichten zu folgen (Hamacher, W. Die Reichsstadt Köln und der siebenjährige Krieg, Bonn, 1911 5. 11ff).
Der Dienst der Kölner Stadtsoldaten (Auszug aus dem Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 49 (1978) S. 264) bestand in Friedenszeiten aus Wach- und Zolldiensten für die Stadt. Ein täglicher Einsatzplan und die Wacheinteilung regelten den Dienstbetrieb.
Täglich unterzeichneten die Kölner Bürgermeister die Posteneinteilung für die Wachstandorte.
Der Postenzettel vom 10. Juni 1770 gibt eine Übersicht über die Gebäude, Plätze und Stadttore, wo eine Wache aufzog. Wachkommandos, denen Constabelen (Artilleristen) zugeteilt waren, hatten wahrscheinlich an ihrem Standort eine Kanone, die sie zum Signal- und Warn-schießen bedienen mußten.
Visitatores Severin. Leon Hinsole, Weyer-Pfort. Joan Plück, Hahnen-Pfort. Adam Schmitt, Ehren-Pfort. Joan Mertens, Eigelstein An Schwabenthal, Cunib. Thürngen, Joan Heuman, Tranckgaß Wern, Berndgen, Marckmansgaß. Matth. Hahselweiler, Rheingaß. David Müller, Beyenthurn, henr. Schumacher.
Posten = Zettul.
Vom lOten Juny 1770
An ihre Wohl-Gebohren und
Gestrengen Herren Bürgermeisteren
Von Mülheim
Der in dem Posten = Zettul. angegebene Standort „Platz“ bezieht sich auf den Rathausplatz. Auf dem Neumarkt befand sich das Gebäude der Hauptwache, genannt „corps de guarde“.
Die Stadtsoldaten gehörten zum täglichen Erscheinungsbild in Köln. Durch ihre leuchtend roten Uniformröcke wurden sie im Volksmund „Rote Funken“ genannt. Um die Zeit von 1730-1750 bestand die Bekleidung der Kölner Stadtsoldaten aus tuchenem roten Rock ohne Kragen, mit strohgelben Futter und Ärmelaufschlägen. Die Knöpfe und der Besatz der Röcke waren weiß, schwarz die Beinkleider. Das Kamisol war strohgelb, die Halsbinde schwarz, Mannschaften und Offiziere trugen dreiseitig aufgeklappte schwarze Hüte mit weißen Borten. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhielten die roten Röcke weiße Rabatten. Die Ärmelaufschläge, Futter und Kamisol wurden ebenfalls weiß. Die Beinkleider fielen weg, statt dessen wurden weißledernde Hosen mit schwarzen Gamaschen eingeführt. Der schwarze Hut wurde von Musketieren und Offizieren weitergetragen, die Grenadiere erhielten hohe schwarze Grenadiermützen. Der modischen Entwicklung folgend wurde auch die Uniform der Kölner gegen Ende des 18. Jahrhunderts angepaßt. Der sogenannte Dreispitz wurde durch den zweispitzigen Hut abgelöst, ebenso wurden Zierate und später der stehende Kragen eingeführt Zum erstenmal erhielt die Truppe, die 1794 als Kontingent zur Reichsarmee marschierte, Caputröcke nach echt kaiserlichem Schnitt. Der Caputrock war ein Mantel oder Roqelaur aus grauem starken Tuch mit Stehkragen und Taschenklappen in der Regimentsfarbe paspeliert (rot) und einseitig geknöpft. Er wurde über dem Waffenrock getragen.
Die Aufbringung der Mannschaften für das stadtkölnische Militärkontingent geschah durch freie Anwerbung in der Stadt selber, und man bevorzugte Einheimische. In den Akten des Jahres 1718 ist nachzulesen, dass die Kölner Stadtmiliz fast nur aus „Eingeborenen und beweibten Männern“ bestand. Daraus geht hervor, dass die Kölner Soldaten verheiratet sein durften, was nach den kaiserlichen Verordnungen, an die sich die Stadt sonst hielt, eine Ausnahmeregelung war.
Nach diesen Verordnungen (Auszug aus dem Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 49 (1978) ~.26O ff.) stellte man im Frieden in puncto Tauglichkeit hohe Anforderungen an die Bewerber. Zur Annahme kamen nur Ledige von gesunden, kräftigem Wuchse im Alter von 20 bis 36 Jahren. Das Minimalkörpermaß für die Linien-Infanterie betrug 165 cm. Bewerber, die sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht hatten, ebenfalls unobligate Leute und solche mit unehrlichem Handwerk (z.B. Abdecker, Scharfrichter) durften nicht ins Heer eingereiht werden. Jeder Geworbene mußte sich mindestens 6 Jahre verpflichten. Bei Rekruten der Artillerie und technischen Truppen wurde mit Rücksicht auf die schwierige Ausbildung eine lebenslängliche Dienstverpflichtung gefordert. Das Werbegeld (Handgeld) betrug 15 Gulden w.w.; davon wurden noch 3 Gulden für den Werber (Zubringer) abgezogen. Die Unterbekleidung mußte ebenfalls von diesem Betrag bezahlt werden. Der tägliche Sold betrug 5 Kreuzer und 1 3/4 Pfund Brot. Den sonstigen Lebensunterhalt mußte der Soldat von seiner Löhnung bestreiten. Auch alles Zubehör zur Adjustierung, wie Lack, Wichse, Puder und Zopfband mußte er selbst aufbringen.
Die geworbenen Leute hielt man nach Ablauf der 6 Dienstjahre zur Erneuerung der Kapitulation an, wofür allerdings nur geringe Beträge in Raten ausgezahlt wurden (Reengagierungsgeld). Nach mehrmaliger Erneuerung der Kapitulation stand ihnen eine Invalidenversorgung zu. Ein Halbinvalide konnte noch zu Wachdiensten herangezogen werden. Ein Soldat, der auch zum Wachdienst nicht mehr gebraucht werden konnte, kam in den Realinvalidenstand. Die tägliche Brotportion erhielt er weiter, die Pension richtete sich nach dem Dienstgrad des Betroffenen.
Nebeneinkünfte
Von den 5 Kreuzern täglich konnten die verheirateten Soldaten den Lebensunterhalt für ihre Familien kaum bestreiten. Darum waren sie gezwungen auch noch nebenberuflich eine Tätigkeit auszuüben. Die Verordnung „Arbeitsnormale“ diente mit 9 Paragraphen als Richtlinie für die Nebentätigkeiten.
In § 2 heißt es: „In soweit die Mannschaft ohne Versäumnis des Dienstes in den Nebenstunden verdient, ist dieselbe bei vollem Traktament zu belassen.“
Eine sehr lukrative Einnahme für die Kölner Stadtsoldaten war, sich als Anbringer oder Unterhändler für die fremden Werbekommandos in der Stadt zu betätigen (Dr. Heuel, Th.: Truppenwerbungen in der Reichsstadt Köln in der 1. Hälfte des 15. Jahrhundert. Bonn 1911). In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war die Reichsstadt Köln für Truppenwerbungen ein Platz ersten Ranges. Besonders häufig wurde Köln von kaiserlichen, preußischen und dänischen Werbern aufgesucht.
Die Werber gehörten zum täglichen Erscheinungsbild auf den Straßen der Stadt. Fast an jeder Ecke standen Werber in anderen Uniformen, die Trommel wurde gerührt, man versuchte sich gegenseitig die Leute wegzufangen. Dem Kriegskommissariat der Stadt fiel die Aufgabe zu, die Werbungen zu überwachen und Exzesse und gewaltsame Übergriffe zu verhindern. Zur Förderung ihrer Tätigkeit hielten die Werber eine Anzahl von Unterhändlern, die beim „Anbringen“ ebenfalls mitverdienten. Die Stadtsoldaten, in erster Linie die Offiziere, waren an diesem Geschäft stark beteiligt.
Ein Unterhändler erhielt in der Regel pro Mann 3 Florin, was etwa dem Monatseinkommen eines einfachen Soldaten entsprach. Im Jahre 1710 bestimmte der Rat, um den Eifer Einzelner zu vermindern, dass die „Anbringungsgelder in einer Kasse zusammengetragen und nachher der Billigkeit nach partagiert werden sollen“. Ein Jahr später wurde der Stadtmiliz unter Androhung schwerer Strafen befohlen, „die Ankömmlinge, die sie an den Stadttoren in Empfang genommen hätten, zunächst auf die Hauptwache zu führen, um hier die für die Stadt tauglichen Leute aussuchen zu können“. Die anderen wurden dann fremden Werbern überlassen. Somit zog auch der Rat seinen Nutzen aus dem Anbringungsgeschäft. Kölner Bürger konnten nicht durch solche „Anbringungen“ irgendwelchen Werbern zugeführt werden. Sie waren durch ein städtisches Gesetz vor solchen Maßnahmen geschützt. So wurden hauptsächlich fremde Handwerksburschen Opfer dieser doch recht fragwürdigen Methoden.
Reglements und Rangliste
(Auszug aus dem Jahrbuch d. Kölnischen Geschichtsvereins (49)1978 S.262)
Die ganze Elementartaktik der Infanterie bewegte sich in den pedantischen Formen des Reglements von 1769. Für dieses Reglement wurde dauernd geübt und exerziert. Bevor der Mann zum Dienst erschien, brauchte er 3 Stunden, um seine Adjustierung instand zu setzen und seine Haartracht mit Zöpfen und Locken in Ordnung zu bringen. Die übrige Zeit wurde mit Wachtparaden, Wachdienst und mit dem Exerzieren ausgefüllt. Bei der langen Dienstzeit erlangten die Leute eine große Geschicklichkeit in den Exerzierkünsten.
Zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Disziplin wurde das geringste Vergehen mit Züchtigung bestraft. Die häufigsten Disziplinarstrafen waren Arrest und Stockhiebe. Diebstahl, Mißhandlungen, Raufereien, Beschädigungen in Wald und Flur und Desertation wurden mit Gassenlaufen bestraft. Auf Verräterei, Mord, Plünderung, Meuterei, Duellieren und Überlaufen stand die Todesstrafe.
Stockstrafe
Der gemeine Mann soll ebenfalls nicht gleich, sondern erst nach vorhergegangenen Verweisen, Arrest und Strafwachen mit Stockstreichen laut Regl. pag. 48 und zwar nicht mehr, als vorgeschrieben ist, bestraft werden, noch sind die Stockstreiche „in fraudem legis“( in Umgehung des Gesetzes) , in mehrere Tage zu verteilen.
„Die Stöcke der Corporalen sollen von Haselholz und jene des Führers und Feldwäbels spanische Röhre (Peddigrohr) seyn, aber bey Degradierungsstrafen unten dicker, als das Gewehrcalibre, auch unten weder beschlagen noch mit einem Vorgewächs versehen seyn; dann ist bey den Bestrafungen niemals mit der Spitze sondern mit vollem Stock zu schlagen. Keine Bestrafung soll fürobhin in einem Zimmer, sondern öffentlich zu jedermanns Erspiegelung geschehen.“glichen Erscheinungsbild auf den Stra
Ein Unterhä
Reglements und Rangliste
(Auszug aus dem Jahrbuch d. Kö
Die ganze Elementartaktik der Infanterie bewegte sich in den pedantischen Formen des Reglements von 1769. Fü
Zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Disziplin wurde das geringste Vergehen mit Zü
Stockstrafe
Der gemeine Mann soll ebenfalls nicht gleich, sondern erst nach vorhergegangenen Verweisen, Arrest und Strafwachen mit Stockstreichen laut Regl. pag. 48 und zwar nicht mehr, als vorgeschrieben ist, bestraft werden, noch sind die Stockstreiche „
„
Rangliste eines K. K. Regiments mit Gebühren im Frieden das dem „Militär Contingents der Kay. Fr. R. Stadt Cölln“ als Vorbild diente
vun 1794 bis 1823
Bis zum Einzug der Franzosen war von Mylius Chef der „Roten Funken“.
Er übergab am 5. Oktober 1794 seine Truppen der Reichsarmee und seinem Nachfolger Obristwachtmeister Friedrich von Klespe. Von Mylius selbst wurde als Obrist ins kaiserliche Hauptquartier berufen. Er blieb der Kölner Truppe jedoch weiterhin verbunden, denn er blieb Inhaber der 1. Kompanie, die weiterhin seinen Namen trug.
Ausmarsch aus Köln
Im dritten Jahr des 1. Koalitionskrieges 1794 nach dem französischen Sieg am 25. Juni 1795 bei Fleurus über die verbündeten Österreicher, Holländer und Engländer unter dem Kommando des Prinzen Coburg mußten sich die Österreicher über die Maas zurückziehen, die Holländer und Engländer nach Holland. Prinz Coburg reichte dem Kaiser seinen Rücktritt ein.
Der österreichische General Clerfayt übernahm das Kommando über die österreichische Niederrhein-Armee, die eine Gesamtstärke von 60.000 Mann hatte. Die französische Maas-Sambre-Armee unter General Jourdan war 80.000 Mann stark. Am 14. September eröffnete Jourdan eine neue Offensive gegen die Österreicher bei Lüttich; er hatte zusätzlich noch eine Verstärkung von 27.000 Mann aus dem Hennegau erhalten.
Der Angriff galt dem linken Flügel der Österreicher, die der Übermacht weichen mußten und eine neue Stellung hinter der Roer (Die Rur) bezogen. General Clerfayt sandte einen Bericht an den Oberbefehlshaber der Reichsarmee, Reichsfeldmarschall Albrecht von Sachsen-Teschen, worin er seine Lage schilderte und um Unterstützung der Preußischen Armee bat, die an der Mosel zwischen der österreichischen Niederrhein- und Oberrhein-Armee stand. Er schrieb weiter; „dass der Feind fortfahren könnte, seine ganze Macht gegen mich zu wenden, und ich gezwungen werden sollte, über den Rhein zu gehen, ich dieses um so mehr als das letzte Unglück betrachten müßte, da ich kein Mittel weiß, wie sie allda zu verpflegen, und ohne Verpflegung die ohnfehlbarste Auflösung meiner Armee von selbsten erfolgen müßte“.
Aber die Preußische Armee (50.000 Mann) unter General Möllendorf blieb untätig. Nachdem die Kaiserliche Armee am 23. September Stellung an der Roer bezogen hatte, wurde in Köln an der Trankgasse und außerhalb der Stadt am Bayenturm mit dem Bau von Brücken über den Rhein begonnen. Der Rat der Stadt wurde wegen der Brücke an der Trankgasse bei General Clerfayt vorstellig. Man befürchtete, dass es beim Rückzug der k.u.k. Armee durch die engen Gassen der Stadt zu Ausschreitungen und Plünderungen kommen könnte. Daraufhin wurden die beiden Brücken abgebaut und unterhalb der Stadt bei Mülheim neu über den Rhein geschlagen. Als Gegenleistung verlangte der General von der Stadt die Bereitstellung von Arbeitern für das Anlegen von Verschanzungen an den Brücken und die Errichtung von Batterien auf der rechten Rheinseite.
Am 2. Oktober eröffnete die französische Armee bei Düren den Angriff auf den linken Flügel der k.u.k. Armee. Diese konnte den Angriff nicht abwehren und mußte sich hinter die Erft zurückziehen. Dort bezog die Arriéregarde (Nachhut) nochmals Stellung, um den Rückzug der Armee auf das rechte Rheinufer zu decken. Am 3. Oktober ritt die Kaiserliche Kavallerie über die Kölner Schiffbrücke. Die Verwundetentransporte und der Armee-Troß gingen über die beiden Brücken bei Mülheim auf die andere Rheinseite. Der Rest der Kaiserlichen Armee erreichte am 4. Oktober Köln.
Der Befehl zum Übergang über den Rhein erteilte der General ebenfalls am 4. Oktober. In einem Schreiben an den Reichsfeldmarschall einen Tag später begründete er seinen Entschluß, das linke Rheinufer zu räumen. Clerfayt berichtete dem Reichsfeldmarschall, unfähig zu sein, der feindlichen Übermacht Widerstand zu bieten; er bedauerte, dass ihm nicht früher als in der letzten Stunde Hilfe geleistet wurde, und erklärte ferner nach reifer Überlegung den Entschluß, sich mit der Armee auf das rechte Rheinufer zurückzuziehen, da bei einer unglücklich ausfallenden Schlacht die Hälfte der Armee geopfert würde.
Dieser Übergang der Kaiserlichen Armee im Angesicht des Feindes geschah in bester Ordnung. Die Truppen machten nicht den Eindruck, als ob sie einem geschlagenen Heere angehörten. Nur die kranken und felduntauglichen Kölner Soldaten verblieben in der Stadt. Der Kölner Rat erteilte ihnen den Auftrag, bis zur Ankunft der französischen Armee in der Stadt die Wache zu versehen, damit Ruhe und Ordnung erhalten bleiben. Der Einmarsch der Franzosen in Köln begann am 5. Oktober um 2 Uhr. Damit begann eine 20-jährige Herrschaft der Franzosen im Rheinland, die erst im Jahre 1814 endete.
Einen Monat zuvor wurden sie noch durch eine Sonderwerbung auf die vertragsmäßige Stärke von 331 Mann gebracht (Aus dem JbKGV 48 (1977), F. Schwarz, Die Kölner Stadt-Soldaten am Ende der reichsstädtischen Zeit, S.151 ff. und dem JbKGV 49 (1978), F. Schwarz: Werbung, Organisation, Sold und Ausrüstung des „Militär Contingents der Kay. F.R. Stadt Cölln“, S.259 ff.). Denn zu diesem Zeitpunkt zählten die beiden Kölner Infanterie-Kompanien nur 259 Mann. Der Kölner Rat entschloß sich nach mehrmaliger Mahnung durch das Direktorium des niederrheinischen-westfälschen Kreises am 12. September, das bestehende Stadt-Kölnische Kontingents-Bataillon zu vervollständigen und er ließ zu diesem Zweck folgenden Aufruf in der Stadt durch Trommelschlag bekanntmachen.
Abschrift
Um die Reichs- und Reichsständischen Militair obliegenheiten zu erfüllen, hat ein Hochedel und Hochweiser Rath dieser freien Reichsstadt Kölln Beschlossen das bestehende Contingent Bataillon auf completten Fuß zusetzen. Zu diesem Zweck sind sehr vorteilhafte Bedingungen für die zu hiesigen Dienst Lust zuhabende Dienstfähigkeit junge Mannschaft einberaumt.
Ein Hochedler Rath…?… das Zutrauen auf hiesige Einsaßen, dass selbige sich vorzüglichst hierzu herbeilassen werden, zumaln bei vorkommenden Gelegenheiten auf dieselbe besondere Rücksicht genommen werden solle.
Zu Betref des Handgelds, Capitulation und sonstige erhalten den Vorteilen ist sich so, wie Überhaupt der Erwerbung selber, bei dem Herrn Major v. Klespe zu melden. Als welches öffentlich bekannt zumachen damit befohlen wird.
Obgesetzter hat ein Hochedel – Hochweiser Rath einst mit der verlesenden Bedingungen vergenehmigt, und durch den Trommelschlag zu verkündigen befohlen.
Einberaumte Bedingungen.
1 tens Das Handgeld bis 20. Florin zu extendiren;
2 2 tens Jedem Anbringer eine Donceur zuzuführen, welche jedoch nicht über 2 fl. zu betragen hat 1 und sollte einem Anbringer mehr gegeben werden, so wäre solches vom Handgeld zu bestreiten.
3 tens Capitulation die geringste auf zwey Jahr.
4 tens Wann während der Capitulation auch ein oder anderer seinen Abschied haben wollte, er selbigen gegen Erlag von 25 Reichsthaler nebst Zahlung der Mondour-Schuld erhalten könne.
5 tens Dass denen Handwerkspürchen ihre Lehrjahre während der hiesigen Dienstzeit offen bleiben würden.
6 tens Wann der Fall seyn sollte, dass die Mannschaft auswärts Commandiert würde, sogenießet selbige einen höheren Sold.
7 tens Sollte einem oder dem anderen im Heere Dienst ein Gebrechen zustoßen, so wird dadurch der Invaliden Begnädigung fähig.
Durch diese Werbung konnte das Stadt-Kölnische Kontingent bis Anfang Oktober auf seine Sollstärke gebracht werden. Die beiden Infanterie-Kompanien stellten davon ca. 300 Mann; die städtische Artillerieabteilung bestand nur aus 30 Mann. Aus den beiden Infanterie-Kompanien war schon Anfang Juni desselben Jahres ein Kommando von 47 Mann gebildet worden, das auf kaiserlichen Befehl hin als Begleitmannschaft zusammen mit einem jülichbergischen Bataillon einen Transport von 6.000 Kriegsgefangenen nach Österreich begleiten mußte. Die Kölner Eskorte befand sich im Oktober in Augsburg und bewachte kranke Kriegsgefangene, die dort in Spitälern untergebracht waren.
Als sich Anfang Oktober die Kriegslage zu Ungunsten der Kaiserlichen Armee entwickelte und eine Räumung des linken Rheinufers von Koblenz bis Düsseldorf in Erwägung gezogen wurde, drängte in Köln der österreichische Generalmajor Baillet de la Touer auf die Mobilmachung des Kölner Kontingent Bataillons und verhandelte mit dem Rat der Stadt über eine Konvention und ein Traktament im Falle, dass dieses sich der Kaiserlichen Armee anschließen sollte, wenn diese die Stadt räumen würden. Am 4. Oktober unterschrieben der Generalmajor und der Kölner Magistrat die gemeinsam ausgearbeitete Konvention für die zwei mobilgemachten Kölner Infanterie-Kompanien.
Abschrift
Convention
Welche betref der 2 Contingents Compagnien der freyen Reichsstadt Kölln von dem Herrn Grl. Major Grafen von Baillet und Herrn Oberkriegs Commisare v. Molitor im Nahmen des hohen armee Commando S. Majestät des Kaysers mit dem wohledlen und wohlweisen Stadtmagistrat von Kölln verabredet und beschloßen worden.
1tens Ist man dahin übereingekommen, dass die 2. Compagnien, wiesolche bei der mit selben vorgenommenen Musterung im Stand ausgewiesen werden vollkommen gut montiert, bewafnet und ausgerüstet in Kayß. Eid und Pflicht übernommen, jedoch solang. zur Dienstleistung in Kölln verbleiben werden als das generalcommando deren Abzug zu einer anderweiten Bestimmung nicht anordnet.
2tens hat man sich einverstanden, dass die 2 Compagnien solang die Umstände es gestatten, in der Verpflegung der freyen Reichsstatt Cöllen verbleiben, biß nicht eine weitere Entfernung die Möglichkeiten hierzu verschließt, wo alsdann das Tractament in Geld aus der K.K. Kriegscahsa und die Naturalien aus den K.K. Magazinen gleich wie den K. Truppen gegen Quittung erfolgen werden.
3tens Ist ,bestimmt worden, dass die officiers, prima planiste, und die obligate Mannschaften der Verpflegungs Gebühr, und in denen reparations Pauschquanten denen K. Truppen durchaus gleich gehalten, mithin in der Geld und naturalien ausmaß kein unterschied gemacht werden soll, jedoch wird alles was diese Compagnien von dem K. aerario unter was immer für einer Zubrique von Geld, naturalien Montours, armaturs und Rüstungs Sorten denen feldrequisiten erhalten; als Vorschuß betrachtet, den die Reichsstadt Köllen dem aller höchsten aerario entstanden nach hergesteltem frieden oder auch nach vorher, wenn die Möglichkeit dazu vorhanden ist, in barem Geld und zwar alles natural und material, und den beköstigungs Phreiß zuersezen gehalten seyn soll.
4tens übernimmt der noch edle und wohlweise Rath der Reichsstadt Kölln die verbindlichkeit auf sich, diese Compagnien so mobil zumachen, dass sie auf jede Erforderniß mit denen nötigen feldrequisiten, nehmlich. mit 20 Kessels und Kaßeols, rund 46 feldflaschen pro Compagnie, wovon jedoch die Zelter ausgenommen sind, vorgesehen hiernächst jede Compagnien, mit 1 zwey späningen Wagen nebst der dazu gehörigen Bespannung versehen, ausmaschieren können.
5tens In dieser Aussicht darf ferner angenommen werden, diese Compagnien solange es die Umstände zulaßen, nur zurückwärtigen Diensten zuverwenden; auf‘ den Fall aber, denn es dennoch erforderlich wäre sie laqern zulassen, dieselbe aus dem K. Mont. Depots mit Zeltern, und auch mit denen erforderlichen Tragthieren oder Zelterwagen zuversehen, der dem Kayß. Aerario von der Reichsstadt Kölln auf die Art, wie es im 3.. Absatz erklährt ist zu ersezen kömmen.
6tens Ist man einig geworden, dass die Reichsstadt Kölln allen Abgang von gemeiner Mannschaft, in solang die Umstände es nicht unmöglich machen, ersezen, wenn aber dazu keine Möglichkeit vorhanden wäre, bleibt es dem K. armeecommando überlaßen, zubestimmen, ob und wie der Ersaz an Mannschaft geschehen solle, wobey die Reichsstadt Kölln die Verbindlichkeit übernimmt seiner zeit dem K. aerario für jeden angeworbenen Rekruten das Werbgeld mit 15 fl. W.W. zuvergüthen.
7tens Da diese Compagnien denen im feld stehenden K. Truppen in allen gleich gehalten werden, so haben sich diejenigen Individuen, welche in und durch den Dienst zualler militär Dienstleistung untauglich werden, nach vorausgegangener ordnungsmaßiger Superarbitriung des normalmäsigen Invaliden Gehalts dem K. aerario in solang zu erfreuen, biß sie der Reichsstadt Kölln wieder zurückgeschickt werden können, wobey sich dann von selbstverpflegt, dass auch dieser Aufwand von der Reichsstadt Kölln dem K. aerano in gemäßheit des 3. Absazes zuersezen seyen.
8tens ist ausgemacht dass, wenn das armeecommando für die eingebracht werdende Deherteurs nur Taglia zu bestimmen für nötig erachtet, selbe dem civile mit 12 fl. und dem militäre mit 18 fl. W.W. ab aerario bezahlt und seiner Zeit von der Reichsstadt Kölln demselben wieder ersezt werden.
9tens alles avarcement bey diesen 2 Comp. wird zwar von der Reichsstadt Kölln insolang die Kayß. armee mit selber die Comunication behält, und von Commandierenden Herrn Grl. der Kayß. armee begünstigt, sobald aber keine Comunication besteht, kann der Commandierende General, die vacante Chargen nach eigenem Befund ersezt, nur müßten die Induvidien, die es betrift von diesen 2 Comp. seyn. ln der
Abschrift
Convention
Welche betref der 2 Contingents Compagnien der freyen Reichsstadt Kö
1tens Ist man dahin ü
2tens hat man sich einverstanden, dass die 2 Compagnien solang die Umstä
3tens Ist ,bestimmt worden, dass die officiers, prima planiste, und die obligate Mannschaften der Verpflegungs Gebü
4tens ü
5tens In dieser Aussicht darf ferner angenommen werden, diese Compagnien solange es die Umstä
6tens Ist man einig geworden, dass die Reichsstadt Kö
7tens Da diese Compagnien denen im feld stehenden K. Truppen in allen gleich gehalten werden, so haben sich diejenigen Individuen, welche in und durch den Dienst zualler militä
8tens ist ausgemacht dass, wenn das armeecommando fü
9tens alles avarcement bey diesen 2 Comp. wird zwar von der Reichsstadt Kö
10tens die kranke werden, sowie der von der ganzen K.K. armee versorgt und der Mediecamenten oder sonstige Aufwand von der Reichsstadt Kölln dem Kayß. aerario ersezt.
11tens Wenn einmal die Compagnien der Reichsstadt Kölln zurückgegeben werden, haben S. K. Majestät für den Abgang der sich ….?…. ohne dabey ergeben hat, keinen Ersaz an die Rechsstadt Kölln zuleisten, sondern die Compagnien würden als dann in den Stand zurückgegeben, in welchen sie sidi zu derselbigen Zeit befinden werden und so hat man auch
12tens Kayserlicher Seits für Frauen und Kinder nicht zu sorgen, sondern es wird lediglich gestattet, dass bey jeder Compagnie soviele frauen sich aufhalten und mit selben marschieren, als zum Waschen für die Mannschaft nötig sind.
l3tens Diesem wird noch zu Behebung aller über die Gebühr entstehen mögenden Zweifeln beygesezet, dass die in der Musterliste mit bezeichneten. Herrn Obrist Baron Mylius monatlich nur die von der Stadt Kölln seithero bezohen Einhundert Reichsthaler oder Einhundert Zwanzig Gulden Wiener Währung nebst Zwey Brod, und 2 Pferd Portionen, und der als Hauptmann bei seiner Compagnie erscheinende Herrn Major v. Klespe die Gebühr eines Hauptmanns zu beziehen habe.
Sigl.: Cöln den 4. O.bris 1794
Siegel Baillet
General Major
Siegel Molitor Cmi.
loctum 4.ten O.bris 1794
Einen Tag später schon erfolgte der Befehl zum Ausmarsch. Mit der Ausrüstung erhielten die Kölner Soldaten zum ersten Mal zu ihrer Bekleidung einen Mantel, den sog. „Caputrock“. Danach erfolgte die Übergabe der beiden Kompanien an das Kaiserliche Heer. Mit diesem verließen sie am 5. Oktober 1794 die Stadt. Von ihren Familien und der gewohnten Umgebung getrennt, gehörten sie jetzt als Stadt-Kölnisches Kontingent der Reichsarmee an, zuletzt, als die Kölner Funken als Kontingent außerhalb der Stadt an einem Feldzug teilnahmen, der war im Jahre 1735. Der Jüngste unter den Kölner Soldaten war mit 16 Jahren der Pfeifer Peter Stammel von der 1. Kompanie. Sie marschierten nach Buchheim zum Kaiserlichen Armee-Depot, um dort die noch fehlenden Feldausrüstungen laut Konvention in Empfang zu nehmen. Auf dem Marsch der Kölner Truppe nach Buchheim waren unterwegs 5 Mann zurückgeblieben.
Bis zum 8. Oktober hielten sich die beiden Kölner Infanterie-Kompanien in Buchheim auf. Während dieser Zeit desertierten 6 Soldaten und 1 Corporal. Das Dorf Eil an der Frankfurter Heerstraße wurde den Kölnern als Quartierort zugewiesen.
Der Chef der II. Kompanie, Obristwachtmeister Friedrich v. Klespe, hatte nach der Versetzung des Oberst v. Mylius das Kommando über das Kölner Kontingent übernommen. In Eil erfolgte am 19. Oktober eine Neugliederung der beiden Kompanien. Die dabei erstellte Standesliste gibt Auskunft über die Stärke und Löhnung der Kölner Einheit. Nach der damaligen militärischen Organisation wurden zwei Infanterie-Kompanien als „Division“ bezeichnet. Das Kölner Kontingent erhielt ab dem 19. Oktober seine Verpflegungsgebühr und sein Traktament aus der K.K. Feldoperationskasse und stand damit im Kaiserlichen Sold. Daher führte es die offizielle Bezeichnung „Kaiserlich, Königlich Stadt-Köllnische Kreis Contingent Division“.
Die Räumung des linken Rheinufers ging ohne größere Kampfhandlungen vonstatten; nur bei Mülheim kam es am 6. Oktober nachmittags zu einer Kanonade. In Deutz wurde eine starke kaiserliche Artillerie-Abteilung in Stellung gebracht. Mit dieser drohte der Kaiserliche General den Franzosen in Köln, wenn sie Mülheim oder Deutz beschießen würden, würde die Stadt Köln an allen vier Ecken in Brand geschossen. Danach wurde das Schießen über den Rhein eingestellt und nach einer beiderseitigen Vereinbarung die Kampfhandlungen bis zum Frühjahr eingestellt.
Die Lage zwischen Köln und Deutz wurde in der deutschen Presse folgendermaßen geschildert:
Mülheim vom 10. Oktober:
Von Köln und dem diesseitigen Rheinufer erfährt man garnichts, auch sieht man auf der ganzen anderen Seite keinen Menschen außer den französischen Posten, man hört auch seit dem Einmarsch der Franzosen nichts mehr läuten. Vorgestern wurde durch den Sturm ein Schiff mit Heu von Köln losgerissen und auf unsere Seite getrieben, worauf sich die Kaiserlichen desselben bemächtigten.
Mülheim vom 24. November:
Die Uiberfahrt nach Köln für Emigrirte aus jenseitigen Ländern war zwar von den Franzosen wieder eröffnet worden; sie ließen aber niemand hinüber als Kaufleute; Arme und Geringe wurden wieder zurückgewiesen. Dies soll veranlaßt haben, dass man nun diesseits keine Päss face= Arialfont color=/strong/strong/strongcenter/strong/pe zur Rückkehr mehr ertheilen will – von den Kölnischen Stadttruppen waren, beim Ausmarsch der übrigen, etwa 50 der ältesten zurückgelassen worden; diese sieht man jetzt neben den Franzosen unter dem Thore, aber ohne Flinte, blos mit einem Stocke bewaffnet. – Heute soll General Clairfait das Hauptquartier allhier in dem von heßischen Hause beziehen.
Als Besatzung in Mainz
Der folgende Winter wurde der Kälteste des 18. Jahrhunderts, so dass auch der Rhein zufror. Die Armeen hatten ihre Winterquartiere bezogen, so dass vom Ober- bis Niederrhein die Kampftätigkeit weitgehend ruhte. Nur die Stadt und Festung Mainz, die noch als einzige Stelle auf dem linken Rheinufer in deutscher Hand und von den Franzosen linksrheinisch eingeschlossen war, mußte die Angriffe der Belagerer abwehren. Anfang Februar erhielt die Stadt-Kölnische Division die Order nach Mainz zu marschieren, wo sie am 15. Februar ankamen. Sie wurden zusammen mit fränkischen Kreistruppen mit Kähnen über den Rhein in die Stadt gebracht, weil die Schiffsbrücke wegen zu starken Eisgangs eingefahren war. Sie lösten in der Festung das kurpfalz-bayrische Kontingent ab, das wegen zu großer Ausfälle an Mannschaften der Auflösung nahe war; denn die Besatzung der Festung erlitt mehr Verluste durch Krankheiten als durch Kampfhandlungen. Der strenge Festungsdienst mit zusätzlichen Schanzarbeiten, die ungenügende Kleidung sowie knappe Verpflegung führten zu den Erkrankungen der Soldaten. Im Januar war noch in der Stadt Typhus ausgebrochen. Er riß große Lücken in die Reihen der Verteidiger. In den Lazaretten der Festung lagen im Februar 2.300 Mann. Wegen Überfüllung der Lazarette wurde ein Teil der Kranken auf offenen Wagen auf Stroh liegend nach Heidelberg transportiert, wobei viele unterwegs starben.
In den Lazaretten der Festung herrschten unbeschreibliche Zustände und wer in den Dunstkreis dieser Krankenanhäufung kommt, sieht sich angesteckt, täglich sterben dort 30 Mann.“ So schreibt der Kur-Kölnische Regimentsauditor Windeck in sein Tagebuch. Das waren die Zustände in Mainz, die das Stadt-Kölnische Infanterie-Kontingent dort antraf. Die Belagerer hatten bis zum August-September eine dreifach gegliederte Kette von Feldbefestigungen um die Festung gebaut, die so angelegt waren, dass sie für uneinnehmbar galten.
Nach dem Übergang der französischen Maas-Sambre Armee Anfang September bei Düsseldorf und deren Vordringen bis zum Main wurde Mainz vollständig eingeschlossen. Am 29. September 1795 wurde die Festung zur Übergabe aufgefordert, die aber abgelehnt wurde. Die Reichsarmee unter ihrem neuen Oberbefehlshaber, Feldmarschall Clerfayt, drängte nach schweren Kämpfen an der Nidda den Gegner zur Lahn zurück, der sich dann bei Köln wieder auf das linke Rheinufer zurückzog.
In Eilmärschen kehrte Clerfayt mit seiner Armee an den Main zurück und zog mit ihr am 28. Oktober in Mainz ein. Am 29. Oktober stürmte die Ersatzarmee mit der Besatzung der Festung in drei Kolonnen die dreifach gegliederte Kette der Befestigungen, die mit 150 Geschützen und 31.000 Mann besetzt waren. Die Belagerer wurden zum Rückzug gezwungen. Dieser wurde zur panikartigen Flucht, bei der die Franzosen das linksrheinische Gebiet bis zum Hunsrück räumten. Unter der Bezeichnung „Die Erstürmung der Linien vor Mainz“ ist diese Schlacht in die Geschichte eingegangen.
Der einbrechende Winter zwang zur Einstellung der Kampfhandlungen; der Waffenstillstand vom 21. Dezember machte dem Feldzug von 1795 ein Ende. Die Standestabelle des Kölner Kontingents weist in dem Zeitraum der Belagerung im September einen Abgang von 16 Mann aus, die wahrscheinlich als Verluste angesehen werden müssen.
Der Feldzug des Jahres 1796 begann am 6. Juni mit den Rheinübergängen zweier französischer Armeen bei Düsseldorf und Kehl. Diese drangen bis nach Bayern und in die Oberpfalz vor. Ab dem 24.Juli ist die Festung Mainz zum zweitenmal vollständig eingeschlossen. Erst nach den Siegen bei Amberg und Würzburg über die französischen Armeen durch die Kaiserliche Armee unter Erzherzog Carl, die daraufhin ihren Rückzug aus Deutschland antraten, wurde die Belagerung von Mainz aufgehoben. Der kommende Winter machte auch diesem Feldzug von 1796 ein Ende. Unter gegenseitiger Vereinbarung wurden die Winterquartiere der deutschen und französischen Armeen festgesetzt. Die Entscheidung des Krieges fiel in Italien, wo im Frühjahr 1797 die österreichische Armee geschlagen wurde und die Franzosen in Österreich eindrangen.
Der Waffenstillstand von Loeben am 18.April1797 brachte auch die Einstellung der Feindseligkeiten am Rhein. Dem Waffenstillstand folgte am 17. Oktober der Frieden von CampoFormio, der dem 1. Koalitionskrieg ein Ende machte. Nach dem Friedensschluß wurde zur Feststellung des Friedens zwischen der französischen Republik und den deutschen Reichsständen ein Kongress nach Rastatt einberufen. Dort wurde auch über die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich verhandelt. Solange die Frage der Abtrennung nicht entschieden war, blieben die Truppen-Kontingente der Reichsstände bestehen, was auch für die Kölner Truppe zutraf. Sie blieb bis zum 6. Dezember in Mainz und marschierte dann zusammen mit oberrheinischen und fränkischen Kreistruppen aus der Stadt, aber nicht in Richtung Köln, sondern nach Süden in die 70 km entfernte rechtsrheinische Reichsfestung Philippsburg, wo sie am 11. Dezember 1797 einrückte. Es sollte noch 3 Jahre dauern, bis unsere Kölner Funken in ihre Heimatstadt Köln zurückkehren konnten.
Als Besatzung von Philippsburg
Die durch den Festungsring eingeengte Stadt Philippsburg bestand zu der Zeit aus rd. 100 Wohngebäuden, einem Schloß und einer Kirche. Ihre Einwohnerzahl betrug 800; ihr Festungsvorfeld bestand aus natürlichen und künstlichen Sümpfen. Das Trinkwasser in der Festung war von schlechter Qualität und zeitweise ungenießbar. Auch das dort herrschende Klima war als ungesund bekannt, so dass der Aufenthalt in der Festung unter den Soldaten gefürchtet war, und das mit Recht, denn Wechselfieber und Typhuserkrankungen waren an der Tagesordnung. Die Besatzung der Festung setzte sich aus verschiedenen Kontingenten und Reichstruppen zusammen und hatte ab 1798 eine Stärke von 2.500 Mann. Gouverneur der Festung war Generalleutnant Rheingraf von Salm-Grumbach, sein Vertreter der kurpfalz-bayrische Oberst von Triva. Platzmajor wurde Anfang des Jahres 1799 auf Vorschlag des Obersten Triva der Stadt-Kölnische Major von Klespe. Als Platzmajor war er für die innere Ordnung und Disziplin sowie für die innere und äußere Sicherheit der Festung verantwortlich, denn dieser Aufgabenbereich war von seinem Vorgänger vernachlässigt worden. Selbst die Stabsstellen waren nicht fähig, für einen geordneten Dienstbetrieb in der Festung zu sorgen, so dass sich die lasche Dienstauffassung auf die Mannschaften übertrug. Als Beispiel sei der Führungsstil des Gouverneurs erwähnt, der alle dienstlichen Vorkommnisse im Kaffeehaus erledigte ohne dabei seine Tarock oder Piquetspiele zu unterbrechen. Dem Major von Klespe gelang es, den Dienstbetrieb in der Festung in den Griff zu bekommen. Oberst von Triva beurteilt den Kölner Offizier in seiner Tätigkeit in seinem Tagebuch, u. a. „Major Klespe brachte allmählich durch Einteilung der Rouden, Wachtparaden und anderem größere Ordnung in den Dienstbetrieb und konnte durch sein richtiges Verhalten Mißstände beseitigen.“
Noch während der Kongreß in Rastatt verhandelte, zogen sich am Anfang des Jahres 1799 dunkle Kriegswolken über Europa zusammen, denn von Seiten Frankreichs war es zu Übergriffen in der Schweiz und in Italien gekommen. Diese Vorgänge führten dann zur Bildung der 2. Koalition gegen Frankreich. An erster Stelle der Koalition stand England, dann Österreich, das Deutsche Reich und Rußland. Auf Wunsch Englands sollte die russische Armee nach Oberitalien und in die Schweiz marschieren. Als diese die österreichische Grenze überschritt, wurde von den französischen Delegierten auf dem Kongreß den Österreichern eine Protestnote überreicht mit dem Inhalt, den Marsch der Russen zu stoppen. Nach Ablehnung der Note überschritt am 2. März 1799 ohne vorhergehende Kriegserklärung die französische Armee bei Mannheim und Kehl den Rhein. Von Mannheim her erschien eine Armee vor Philippsburg und forderte die Festung zur Übergabe auf. Der Gouverneur lehnte eine Übergabe entschieden ab. Daraufhin begannen die Franzosen die Vorbereitungen zur regelmäßigen Belagerung von Philippsburg. Am 12. März erfolgte die Kriegserklärung des französischen Direktoriums. Es war der Anfang des 2. Koalitionskrieges, der in seinem zweijährigen Verlauf ganz Europa überzog.
Am 30. März eröffneten die Belagerer die Feindseligkeiten gegen Philippsburg (Aus dem JbKGB 48 (1977), F. Schwarz, Die Kölner Stadt-Soldaten am Ende der reichsstädtischen Zeit, S.151 ff. und dem JbKGV 50(1979), F. Schwarz, Verleihung des Kurpfalz. Bayerischen Militär-Ehrenzeichens an den Reichsstadt-Kölnischen Oberstleutnant Friedrich v. Klespe im Jahre 1799, S.187 ff.)
Sie zogen den Einschließungsring enger, trieben die Festungsvorposten hinter die Wälle zurück. Dann begannen sie mit dem Bau von Laufgräben und Batterien. Die in der Festung Eingeschlossenen stellten täglich eine Postenbesetzung von 255 Mann auf und hielten eine 506 Mann starke Reservewachmannschaft bereit. Eine strenge Kälte machte ein ständiges Ablösen der Posten notwendig; Wein und Brandwein erhielten die Reservewachmannschaften als Mittel gegen die Witterung. Sie erwarteten stündlich den Beginn der Beschießung. Doch plötzlich, am 6. April, zogen die Belagerer ab und gingen nach Errichtung eines Brückenkopfes bei Dettenheim auf das linke Rheinufer zurück. Die Niederlage der französischen Armee durch den Erzherzog Carl bei Stockach im südlichen Schwarzwald am 26. März und das Herannahen eines kaiserlichen Entsatzheeres hatte den Abzug des Blockadekorps veranlaßt. Da sich der Hauptkriegsschauplatz in die Schweiz und nach Italien verlagerte, zog auch das kaiserliche Entsatzkorps von Philippsburg wieder in Richtung Schweiz ab. So erschienen am 12. April wieder einzelne französische Abteilungen, besetzten Hockenheim, St. Leon und Roth und erkundeten gegen die Festung, wagten jedoch keine Einschließung. Teile der Festungsbesatzung waren schon zum Schutze der benachbarten Orte dorthin verlegt worden; ihnen war strengstens untersagt worden, sich auf Zusammenstöße mit französischen Abteilungen einzulassen. Trotzdem unternahm am 21. April ein Offizier des fränkischen Jägerkorps mit einer Anzahl seiner Leute, Salzburger Soldaten und Bamberger Dragoner einen Überfall auf ein Wirtshaus in Hokkenheim, in dem sich franz. Soldaten befanden, töteten und verwundeten einige, nahmen den Rest gefangen. Anstatt diese sofort abzuliefern, plünderten sie diese aus und zechten dann in dem Wirtshaus weiter. Sie wurden dann ihrerseits von franz. Reitern überfallen und ein Teil von ihnen wurde nun selbst gefangen. Gegen Ende April verschwanden die Franzosen völlig aus der Nähe der Festung, die am 24. April eine Verstärkung ihrer Besatzung durch das Eintreffen des fürstlich Würzburger Leibbataillons unter dem Major v. Stetten und einer Eskadron K. K. Szekler Husaren erhalten hatte. Die nun folgenden Monate Mai bis August brachten der Besatzung eine ruhige Zeit und gestatteten, dass der Großteil der Soldaten wieder Unterkünfte in den umliegenden Ortschaften bezog. Am 1. Juni erhielt der Kommandeur der Stadt-Kölnischen Truppen, Major Friedrich v. Klespe, seine Beförderung zum Oberstleutnant. Er war zu diesem Zeitpunkt 43 Jahre alt. Im Juli verstarb ein Kölner Soldat. Ende August ließ das französische Direktorium bei Mannheim eine 20.000 Mann starke Armee in drei Kolonnen über den Rhein setzen. Die dritte -4.000 Mann starke- Kolonne unter General Leval war zur Belagerung von Philippsburg bestimmt.
Am 26. August begann die zweite Einschließung der Festung, die als das Bombardement von Philippsburg in die Geschichte einging. Als die ersten Meldungen über die Operation gegen die Festung eintrafen, wurden die außerhalb liegenden Truppen enger zusammengezogen und deren Troß aus Soldatenfrauen, Kindern und Marketendern hinter die Festungsmauern gebracht. Am 6. September wurde die Festung mit zweistündiger Bedenkzeit zur Übergabe aufgefordert, die von ihrem Gouverneur kurz und bestimmt abgelehnt wurde. Daraufhin begann gegen 10.30 Uhr abends mit 10 Mörsern, 4 Haubitzen und 4 Kanonen schwersten Kalibers die Beschießung der Stadt und Festung. Die Festungskanonen erwiderten das Feuer und versuchten vergeblich, die gegnerischen Geschütze zum Schweigen zu bringen. Ohne Pause wurde die Beschießung fortgesetzt; am 9. September war die Stadt vollständig zerstört. Da die Festung keine bombensicheren Kasematten und Unterkünfte hatte, mußte die Besatzung während des Bombardements auf den Festungswällen und Außenwerken kampieren, soweit sie nicht mit dem Löschen der Baracken und Pulver-Magazine beschäftigt war. Am 12. September wurde die Belagerung plötzlich aufgehoben und die Belagerer zogen in Richtung Mannheim ab, denn Erzherzog Carl näherte sich mit einem Entsatzheer der Festung. Die Verluste der Besatzung betrugen 13 Tote und 49 Verwundete. Von den Bewohnern Philippsburgs kamen während der Beschießung drei ums Leben.
Der Erzherzog sandte am 13. September einen Tagesbefehl an den Kommandanten, in dem er der ganzen Besatzung für die ausdauernde und mutvolle Verteidigung dankte und sich einen ausführlichen Bericht über die Belagerung erbat.
Mit einer neunseitigen Relation (Gemeint ist wohl ein Bericht, von relater=berichten) über die „Einschließung und das Bombardement der Kaiserlichen und Reichs-Festung Philippsburg“ antwortete Generalleutnant von Salm-Grumbach am 14. September dem Erzherzog. Am Schluß dieser Relation wurden namentlich folgende Einheiten der Besatzung besonders erwähnt; „außer den im Laufe der Erzählung angerühmten, sind auch die übrigen Offiziere und Gemeinen dieser Branchen alles Lobs und der besten Empfehlung würdig geworden“:
„Das Churfalzbaierische Reichs-Kontingent, das Kaiserl. Königl. Fürst Würzburgische Infanterie-Bataillon und alle die übrigen Truppen ohne Ausnahme, dann die sämmtlichen Herren Staabs- und Ober-Offiziere, namentlich der Churpfalzbaierische Kontingents-Kommandant, Herr Obrist von Triva, der Platz-Major Herr Obrist Leutenant von Klespe des Reichs-Stadt Köllnischen Kontingents; u.a.“r die ausdauernde und mutvolle Verteidigung dankte und sich einen ausf
Mit einer neunseitigen Relation (Gemeint ist wohl ein Bericht, von relater=berichten) ü
„
Der Bericht endet mit dem Satz:
„Ueberhaupt hat sich die Garnison den gerechtesten Anspruch auf verdiente Belohnung und auf jedes rechtschaffenen Deutschen Dankbarkeit erworben“.
Als Sonderzulage erhielten alle Besatzungsangehörigen der Garnison von den Ständen des oberrheinischen Kreises eine Monatsgage als Gratifikation sowie eine Vergütung ihrer bei dem Brand der Stadt verlorengegangenen persönlichen Effekten (Wörtl.: Wertpapiere; gemeint sind wohl Wertgegenstände).
Unter den vielen Anerkennungsschreiben von führenden Persönlichkeiten Deutschlands, die der Gouverneur erhielt, war auch eines des Kurpfalz-Bayerischen Kurfürsten Max-Joseph vom 29. September. Darin schrieb er:
„Das rühmliche Zeugniß, das Sie, mein lieber Rheingraf, dem unter Ihrem Commando stehenden Teil meines Contingents und vorzüglich einigen Offizieren beilegen, verursachte mir das lebhafteste Vergnügen und ich werde gewiß auf Empfehlung denen mir benannten Individuen eine verdiente Auszeichnung angedeihen lassen“.
Der Kurpfalz-Bayerische Kurfürst verlieh dann am 2. Oktober 1799 dem Kölner Platzmajor, Friedrich v. Klespe, als erstem und einzigem Offizier der Festung das Kurpfalz-Bayerische Militär-Ehrenzeichen. Das goldene, weiß emaillierte, achtspitzige Kreuz in der Form des Malteserkreuzes ist von einem farbig emaillierten Kurhut überragt. Die Vorderseite zeigt im dunkelblau emaillierten, goldgeränderten Mittelschildchen den verschlungenen Namenszug des Stifters, die Rückseite im Mittelschild die goldene Inschrift „VIRTUTI“. Die Maße sind 42 zu 30 Millimeter. Das 35 Millimeter breite, nicht gewässerte schwarze Band hat je 3 Millimeter breite weiß himmelblaue Seitenstreifen, deren Kantenabstand 1 Millimeter mißt.
Durch kurfürstliches Reskript am 3. Oktober 1794 wurde dieses Ehrenzeichen formlos geschaffen mit dem Vermerk „dass zwar der Kurfürst (Karl-Theodor 1777-1799) nicht gedenke, einen förmlichen Orden zu errichten, wohl aber Anordnungen habe treffen lassen, dass für besonders ausgezeichnete Offiziere besondere Ehrenzeichen verfertigt und nebst der des fallsigen höchsten Entschließung demnächst folgen würden“. Am 19. Februar 1795 wurde das Ehrenzeichen zum ersten Male an 19 Offiziere des bayrischen Kontingents bei der Reichsarmee verliehen.
Die Statuten, (Diese Statuten hatten 16 Artikel, von diesen seien folgende herausgegriffen, die auf die Besonderheit der Aus-zeichnung hinweisen: „Statuten und Erfordernisse, nach welchen die im Felde stehenden Oberoffiziere von der Churpfalz bayerischen Armee des Ehrenzeichens teilhaftig werden können.“. Art. 1 Dieses von Sr. Churf. Durchl. gnädigst bestimmte Ehrenzeichen, welches in einem emaillierten Kreuze besteht und an der linken Brust getra-gen wird, ist nicht als ein Orden zu betrachten, sondern es ist eine Belohnung einer im Kriege erfolgten tapferen Handlung, und eine öffentliche Zierde und Auszeichnung derjenigen, welche sich durch eine solche That hervor-gethan haben. Art. XII. Dieses Ehrenzeichen darf auch der Offizier in seinem Wappen führen, jedoch muß selbes mit einer Masche nur unten am Schild hängen, und es ist also nicht erlaubt, dass der Wappenschild auf dem Kreuze liegt, oder sich das Band um den Schild, oder die Helmdecke schlinge. Art. XIII. Nach Absterben des Offiziers muss das Ehrenzeichen von den Erben nach dem Begräbnisse, weil solches auf den Sarg des Verstorbenen gelegt wer-den darf, zum Churf. Hofkriegsrathe zurückgesendet werden.) nach welchen dieses Ehrenzeichen erworben werden konnte, gelangten aber erst nach langen Erwägungen im Hofkriegsrat im Jahre 1797 zur Vollendung und erhielten am 8. Juli desselben Jahres die Unterschrift des Kurfürsten Carl Theodor. Der Kölner Offizier Friedrich v. Klespe erhielt als erster nicht-bayerischer Offizier das 38. Ehrenzeichen. V. Klespe und der Bamberger Rittmeister waren die einzigen Nichtbayern, denen diese Auszeichnung zuteil wurde.
Sofort nach dem Abzug der Belagerer wurden die erschöpften Soldaten der Festung zur Erholung in den umliegenden Ortschaften untergebracht. Es waren zu dem Zeitpunkt 2.012 Fußtruppen und 21 Reiter. Die Kölner Truppe hatte noch 156 Mann, wovon nur 127 dienstfähig waren. Eine nochmalige Verstärkung erhielt die Festung Ende September durch das fürstlich Würzburger Obest-Bataillon mit 1.465 Mann, das in seinem Troß noch 28 Soldatenfrauen und 21 Kinder mitbrachte, und das K. K. Grenz-Bataillon Brooder sowie 60 K. K. Ulanen, so dass die Festung eine Gesamtbesatzung von ca. 3.500 Mann hatte. Da die Lage für die verbündeten Österreicher und Russen in der Schweiz eine ungünstige Wendung annahm, zog das kaiserliche Heer unter Zurücklassung schwacher Kräfte von Philippsburg wieder in Richtung Schweiz. Statt dessen übernahm die in drei Abteilungen aufgeteilte Festungsbesatzung die Sicherung des Raumes Mannheim bis Philippsburg. Die 3. Abteilung, die sich aus Würzburger, Kölner und fränkischen Jägern zusammensetzte, bezog Stellung in dem nordöstlichen Abschnitt zwischen Lusheim und Kirrlach.
Mitte Oktober überschritt ein neues französisches Heer von 15.000 Mann unter dem General Lecourbe den Rhein bei Mannheim und drängte die schwachen kaiserlichen Kräfte zurück. Am 18. Oktober wurde die 3. Abteilung bei Lusheim angegriffen; diese mußte sich in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober durch den Lusheimer Wald auf die Orte Oberhausen und Waghäusel zurückziehen. Bei diesem Gefecht wurde ein Kölner Soldat verwundet. Am anderen Tag wurden sie wieder angegriffen, ebenfalls die an ihrem rechten Flügel stehende 2. Abteilung. Ihre vorgeschobene Postierung aus fränkischen Jägern, Würzburger und Kölner Infanterie wurde zurückgeworfen. Die Würzburger Besatzung von Oberhausen geriet in Gefangenschaft. Gegen Mittag wandte sich der Gegner auch von Wiesenthal aus gegen den Ostsaum des Huttenheimer Waldes, den die 2. Abteilung verteidigte. Am Abend durchbrachen die Angreifer die Linien der 3. Abteilung. Als sich noch gegnerische Kavallerie von Neudorf aus näherte und die Gefahr bestand, von der Festung abgeschnitten zu werden, zogen sich beide Abteilungen unter heftigen Nahkämpfen in die Festung zurück. Damit begann die dritte Einschließung von Philippsburg. Da alle Unterkünfte und Kasernen in der Stadt in Trümmern lagen, mußte die Besatzung in Zelten und in notdürftig errichteten Baracken kampieren. Trotz der kalten und feuchten Witterung blieb der Gesundheitszustand der Soldaten gut, was auf die reichliche Verpflegung und auf Sonderzuteilung von Wein und Branntwein zurückzuführen war. Nur der Tabakvorrat ging zu Ende, so dass dieser den Soldaten fehlte. Die dritte Einschließung war nur von kurzer Dauer. Am 8. November drängte ein kaiserliches Entsatzkorps die Belagerer auf Schwetzingen und Heidelberg zurück. Ein Teil der Garnison von Philippsburg, und zwar 2.800 Mann mußten den linken Flügel des kaiserlichen Korps übernehmen. Darunter war auch die Stadt-Kölnische Infanterie, die zusammen mit dem Kreisregiment Zweibrücken und den fränkischen Jägern den Ort Waghäusel besetzte. Ein weiteres Vorrücken des kaiserlichen Korps wurde eingestellt, da der Herzog von Württemberg die Verwendung seiner Truppen, die mit zum Entsatzkorps gehörten, außerhalb der Grenzen Württembergs versagte. Während der Gegner Verstärkungen erhalten hatte, konnte er am 16. November zum Gegenangriff antreten. Er warf sich mit seiner ganzen Streitmacht auf die Truppenteile der Besatzung von Philippsburg.
Sie konnten Anfangs ihre Stellungen behaupten, wurden aber, als der Gegner bei Reilingen die dortige Stellung durchbrochen hatte und bis Waghäusel vordrang, von diesem von der Festung abgeschnitten. Die Abteilungen in Waghäusel wurden abgefangen, ein Großteil von ihnen mußte die Waffen strecken, nur die Hälfte von ihnen konnte sich hinter die schützenden Mauern der Festung retten. Damit war Philippsburg zum 4. Male eingeschlossen. Der Gesamtverlust der Besatzung der Festung betrug 1.350 Mann. Das Stadt-Kölnische Kontingent verlor dabei 41 Mann, davon 4 Tote, 31 von ihnen gerieten in Gefangenschaft, der Rest wurde vermißt. Die Belagerer glaubten jetzt nach den großen Verlusten der Besatzung, sich leicht der Festung bemächtigen zu können; außerdem litten die Eingeschlossenen unter der einsetzen den Winterkälte. Auch wurde jetzt der Proviant in der Festung knapp. Das führte zu vielerlei Erkrankungen unter den Besatzungsangehörigen. Doch glücklicherweise verhielt sich der Gegner ziemlich ruhig, da er noch über keine Belagerungsgeschütze verfügte. Erzherzog Carl schickte am 21. November wieder ein Korps von 6 Bataillonen Infanterie und 6 Eskadronen Kavallerie zum Entsatz der Festung. Am 2. Dezember 1799 trat das Entsatzkorps zum Angriff an. Nach heftigen Gefechten bei Sinsheim und Odemheim räumte der Gegner in der Nacht seine Stellungen, so dass am 3. Dezember die Festung abermals befreit wurde. Nach dem vollständigen Rückzug der Franzosen am 7. Dezember auf die linke Rheinseite, endeten die Kampfhandlungen am Oberrhein. Die Truppen beider Seiten bezogen dann ihre Winterquartiere. Jetzt traten bei den kaiserlichen Truppen und bei der Besatzung Versorgungsschwierigkeiten auf.
Das ganze Land war durch das Kriegsgeschehen ausgeplündert und erschöpft. Die Reichsoperationskasse war leer, so dass teilweise den Soldaten kein Sold ausbezahlt werden konnte; so nahmen die Desertationen zu. Von dem Kölner Kontingent desertierten im Dezember 16 Mann. Unter diesen Umständen riet der Oberbefehlshaber der Reichsarmee und der österreichischen Armee in Deutschland Erzherzog Carl zum Frieden. Da es auch zu diesem Zeitpunkt in Frankreich zu einem Machtwechsel gekommen war, denn der General Bonaparte hatte das regierende Direktorium gestürzt und sich als 1. Konsul an die Spitze des Staates gestellt, war der Zeitpunkt für einen allgemeinen Frieden in Europa günstig. Bonaparte selbst machte Friedensvorschläge an England und den deutschen Kaiser. Doch England lehnte das Friedensangebot ab und bewog die österreichische Regierung, den Krieg fortzusetzen, indem es durch Subsidien-Gelder die Aufrüstung und Versorgung der Reichsarmee und der österreichischen Armee übernahm. Unter diesen Umständen legte Erzherzog Carl im März 1800 angeblich aus gesundheitlichen Gründen sein Amt nieder. Nach dem Scheitern der Friedensbemühungen wurde auf beiden Seiten die Aufrüstung fortgesetzt.
Philippsburg erhielt durch das Würzburgische Reichskontingents-Bataillon Cantler Ersatz für die erlittenen Verluste. Damit stellten die Würzburger Truppen das stärkste Mannschafts-Kontingent in der Festung. England hatte dieses Würzburger Kontingent in seinen Sold übernommen. Auch bezahlte es die Verluste an Ausrüstung, Fahrzeugen und Geschützen der Würzburger. Die Besoldung der Kölner Truppen erfolgte wieder aus der mit englischen Subsidien Geldern aufgefüllten K. K. Operationskasse. Die Löhnung der Reichstruppen betrug täglich 11 Kreuzer. Der Kommandant der Festung ließ jetzt die Festungsanlagen mit aller Energie ausbessern, um für den Feldzug des Jahres 1800 gerüstet zu sein.
Dieser Feldzug wurde mit dem Übergang der französischen Deutschland-Armee bei Straßburg und Basel über den Rhein am 25. April 1800 begonnen. Sie drängte die K. K. Armee nach mehreren siegreichen Gefechten und Schlachten bis nach Ulm und München zurück. Philippsburg wurde nicht mehr angegriffen. In Italien, wo Napoleon Bonaparte selbst den Oberbefehl führte, besiegte er die Österreicher am 14. Juni bei Marengo. Damit bestand Gefahr, dass sich die beiden französischen Armeen in Tirol vereinigen würden. Um dem vorzubeugen, bat der deutsche Kaiser um einen Waffenstillstand, der am 15. Juli in Parsdorf abgeschlossen wurde. Dieser Vertrag sah eine Waffenruhe bis zum 20. September vor und eine beiderseitige Demarkationslinie wurde festgelegt, hinter die sich beide Armeen zurückzogen. Von den 3 Festungen, welche sich innerhalb des von der französischen Armee überlassenen Raumes befanden, waren Ulm und Ingolstadt eingeschlossen. Die Festung Philippsburg mußte dann laut Vertrag ebenfalls eingeschlossen werden. Diese Belagerung war diesmal eine friedliche. Die Soldaten beider Seiten verkehrten freundschaftlich miteinander.
Nur ließen die Belagerer keinen Proviant in die Festung. In diesen Tagen herrschte am Oberrhein eine unerträgliche Hitze. Der Aufenthalt der Besatzung war teilweise unter freiem Himmel und das schlechte Trinkwasser führten zum Ausbruch einer Nervenfieberseuche in Philippsburg, an der die Soldaten massenhaft erkrankten und viele daran starben. Auch der Kommandant erlag am 8. September der Krankheit. Er wurde auf dem höchsten Punkt der Festung, auf der Trinitas-Bastion, beigesetzt. Bei diesem Begräbnis donnerten nochmals alle Geschütze der Festung dem toten Kommandanten Salut. Auch die französischen Geschütze ehrten mit einer Ehrensalve den toten Gegner. Als die Frist des Waffenstillstandes abgelaufen war, bat der deutsche Kaiser Franz Napoleon um eine nochmalige Verlängerung des Waffenstillstandes, weil ein Vertrag mit England abgeschlossen wurde, in der England 2 Mill. Pfund Sterling zur Komplettierung der kaiserlichen Armee zahlte, wogegen sich Österreich verpflichtete, vor dem letzten Februar 1801 keinen Sonderfrieden mit Frankreich zu schließen. Der Waffenstillstand erhielt eine 45-tägige Verlängerung unter der Bedingung, dass die drei Festungen Ulm, Ingolstadt und Philippsburg von den Kaiserlichen geräumt und den Franzosen übergeben würden. Das Abkommen wurde am 20. September in Hohenlinden abgeschlossen. Am 6. Oktober 1800 verließ die Besatzung von Philippsburg mit ihrer gesamten Ausrüstung und den Festungsgeschützen in 3 Kolonnen Philippsburg. Die Franzosen begannen sofort mit der Sprengung der Festungsanlagen. Damit hatte die Reichsfestung Philippsburg aufgehört zu existieren.
Die Verabschiedung
Die ausziehenden Kolonnen der Festungsbesatzung hatten den Auftrag, sich dem K. K. Corps des Feldmarschall-Leutnants Simbschen anzuschließen, das in Franken im Raume Schweinfurt-Würzburg-Bamberg stand. Die kranken Soldaten wurden auf Schiffen über Mainz nach Würzburg transportiert. Ende Oktober trafen sie in den ihnen zugewiesenen Kantonierungen ein. Die Kölner Truppe bezog Quartier in der Nähe von Bamberg. Sie war auf ganze 38 Mann zusammengeschmolzen und wurde der Brigade des Generalmajors Salm zugeteilt. Nach erneutem Ausbruch der Feindseligkeiten am 22. November operierte das Corps Simbschen mit wechselndem Erfolg entlang der Rednitz. Die Brigade Salm kam nicht mehr zum Einsatz. Am 4. Dezember 1800 kam es zu der entscheidenden Schlacht bei Hohenlinden, bei der die kaiserlichen Truppen vernichtend geschlagen wurden. Die Reste der Armee zogen sich über den Inn zurück.
Erzherzog Carl übernahm am 11. Dezember wieder den Oberbefehl über die Reste der kaiserlichen Armee. Ihm blieb nichts anderes übrig, als um Waffenstillstand zu bitten, der am 24. Dezember 1800 in Steyr zustande kam. Anschließend trafen sich die Unterhändler beider Seiten in Luneville, um den Frieden zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich auszuhandeln. Nach dem Waffenstillstand wurden die geringen Überreste des Kölner Kontingents Anfang Januar 1801 in Hambach einquartiert.
Am 9. Februar erfolgte der Friedensschluß von Luneville, der dem 2. Koalitionskrieg ein Ende machte. Nach diesem Vertrag kam das ganze linke Rheinufer endgültig an Frankreich. Die Reichsarmee wurde aufgelöst; davon war auch die stadtkölnische Truppe betroffen. Ihre Verabschiedung erfolgte am 29. März 1801; dabei sprach Erzherzog Carl den Kölnern seinen besonderen Dank aus. Sie erhielten noch den Sold bis Ende April. Damit hatte auch die letzte reichsstadt-kölnische Einrichtung aufgehört zu bestehen.
Die sechs Kölner Offiziere wurden auf ihr Gesuch hin am 1. Mai 1801 in K. K. Dienste übernommen; Oberstleutnant v. Klespe wurde beim Friauler Infanterie Regiment Reisky Nr.13 als 2. Major in den Stand gebracht. Hauptmann Grell kam als Kapitänleutnant zum Kärntener Infanterie Regiment Wilh. Schröder, sowie unter Beibehaltung der Charge Kapitänleutnant Simonis zum Steirischen Infanterie Regt. Terzy, Oberleutnant André zu dem Niederösterreichischen Infanterie Regt. Toscana, Oberleutnant Geyl zum Niederösterreichischen Infanterie Regt. Kerpen und Unterleutnant Schneichels zu den Hoch- und Deutschmeistern.
Von den Mannschaften kehrten ganze 17 Mann sofort in ihre Heimatstadt Köln zurück. Später kamen noch die aus Gefangenschaft Entlassenen und die in Lazaretten zurückgelassenen Kranken nach ihrer Genesung nach Hause, so dass ePhilippsburg erhielt durch das Würzburgische Reichskontingents-Bataillon Cantler Ersatz für die erlittenen Verluste. Damit stellten die Würzburger Truppen das stärkste Mannschafts-Kontingent in der Festung. England hatte dieses Würzburger Kontingent in seinen Sold übernommen. Auch bezahlte es die Verluste an Ausrüstung, Fahrzeugen und Geschützen der Würzburger. Die Besoldung der Kölner Truppen erfolgte wieder aus der mit englischen Subsidien Geldern aufgefüllten K. K. Operationskasse. Die Löhnung der Reichstruppen betrug täglich 11 Kreuzer. Der Kommandant der Festung ließ jetzt die Festungsanlagen mit aller Energie ausbessern, um für den Feldzug des Jahres 1800 gerüstet zu sein.s im Ganzen ca. 80 Mann von der Truppe, die im Oktober 1794 ausmarschiert war, zurückkehrten. In Köln wurden die Heimkehrer von den französischen Behörden zum Zwecke ihrer Pensionsansprüche registriert. Während der ganzen französischen Herrschaft in Köln erhielten sie ihre Pensionen, die sehr gering waren. Als nach 20 Jahren endlich Frieden in Europa einkehrte und die französische Herrschaft in Köln zu Ende war, und die Stadt, ohne wieder den Status einer freien Reichsstadt zu erlangen, an Preussen kam, zahlten auch die preuß. Behörden die Pensionen der ehemaligen Stadtsoldaten weiter. In einer Pensionsliste vom 26. Januar 1818 für die „Den von den Reichsstadt Cöllnischen Kreis Truppen noch anwesenden und der Unterstützung bedürftigen Militärpersonen“ sind 130 Namen aufgeführt mit Dienstgrad, Alter, Wohnung und den Pensionsbezügen. Die Liste trägt die Unterschrift des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Carl Joseph Frhr. von Mylius, einem Cousin des ehemaligen Kommandandeurs der Kölner Stadt-Soldaten, Caspar Joseph Carl von Mylius. Von den 130 Pensionären in der Liste sind 61 ehemalige Angehörige des Reichskontingents, die an beiden Feldzügen teilnahmen. Die übrigen sind die 1794 felduntauglich und krank in Köln zurückgebliebenen, welche aber weiter als Wachtruppe in der Stadt eingesetzt wurden. Als „ältester“ ehemaliger Stadtsoldat ist in der Pensionsliste der Invalide Franz Kessel eingetragen. Sein Alter ist dort mit 101 Jahren angegeben und er wohnte in der Wollküche 5915; er erhielt eine monatliche Pension von 2 Talern. Die beiden jüngsten Veteranen waren lt. Liste der Pfeifer der 1. Komp. Peter Stammel mit 40 Jahren, er wohnte in der St. Apernstr. 53 und bezog 4 Taler Pension und der Soldat Joseph Kreuer, der zu diesem Zeitpunkt 41 Jahre alt war; er diente in der 2. Komp. und wohnte Großer Griegsmarkt Nr.55; seine Pension betrug 3 Taler, 19 Stüber und 8 Heller. Denselben Betrag erhielten alle ehemaligen einfachen Soldaten ohne Unterschied des Alters. Ferner sollen hier noch die Namen dreier ehemaliger Stadtsoldaten aus der Pensionsliste genannt werden, da man sie auch in den Versen der „Funke-Chronik“ von Hermann Werker als „ahle Funke“ wiederfindet.
Hauptmann Lüninghausen und der Quartier- und Zahlmeister Rabanus Vassen waren die einzigen Offiziere, die im Jahre 1794 zusammen mit den felduntauglichen und kranken Mannschaften in der Stadt zurückblieben.
Gefreiter Arnold Lützenkirchen, (II. Komp. 1. Corporalschaft) in der Chronik galt er als Unteroffizier, und der Tambour der 1. Komp. Stephan Schaefer waren Veteranen der Feldzüge 1794-1801. Der als „letzte Stadtzaldat“ in der Chronik genannte Pfeifer Michel Serck ist nicht in der Pensionsliste von 1818 aufgeführt, auch in den Musterungslisten von 1793 und 94 ist sein Name nicht zu finden.
Hiermit endet dann die Geschichte der alten Stadtsoldaten als „änzte Funke“; doch soll die Funke-Chronik mit ihren 4 Strophen zu Ehren aller „änzte Funke“ der Schlußpunkt ihrer Geschichte sein.
Funke-Chronik 1931
Text: Hermann Werker
Melodie: Der Hauptmann mit dem Schnurrbart
En vill Leedcher die mer singe, do weed mänche Funk benannt, Ävver veer die weil ich nenne, die sin nit sogot bekannt. Han geschnäuv dröm in der Chronik, ömgebläddert Blatt vör Blatt, Wollt ens wesse, welche Funk zoletz de Pooz bewaach hee hat. Als dä Franzmann korn he hin trook dä Funk vum kölsche Rhing. Un en Mainz zor schlemme Zick, dät dat Wöbchen hä op sick. Sibzehnhunderteinunnünzig heesch dat Johr, wo dat passet, Wo zoröck em Bürgersch-Röckche sin de Funke dann marscheet. An der Pooz un op de Wälle süht mer keine Funk mieh stonn, Dat wör ärg bedöörlich, weil se moote arbeide jitz gonn. Stephan Scheefer, dä an Johre achundsibbenzig wor alt, Schlog de Funktetrumm un wor em ale Kölle got bekannt. An däm zehnte Februar log hä op der Dudebahr Dä getrummelt hat mänch Johr un Zigaremächer wor. Achzehnhundertachunveedzig braht mer us däm ale Bau Om Kathringegrave achunachzig in zor letzte Rau. Arnold Lützenkirchen dä wor nünunsibbzig alt, Hä wor Unteroffizier, dobei en prächtige Gestalt. Stirve dät am dreiunzwanzigste Oktober hä ganz schwach, Achzehnhundertveerunzwanzig en der Bayardsgass bei Naach. Eine Funkehaupmann hat veerunachzig Johr gepack, Dä al nette ale Greis sich maht op de Himmelsreis. Achzehnhundertdreesig wor et Johr am nüngte Februar Log Ludwig vun Lüninkhausen vun der Fringstross op de Bahr. Achzehnhundertnünunsechzig sturv der letzte Stadtzaldat, Hä wor keine kölsche Jung, un dat wor wirklich jammerschad. Sibbzehnhunderteinunsibbzig kom en Bonn hä op de Welt, Hätt als „Pfeifer“ bei de Funke treu do singe Mann gestellt,
Achunnünzig Johre alt, woren och sing Dag gezallt. Em Zint Görresströssge veer, stund dä Dud ald vör de Döör, Un et wor em Mai, mer schrevv der sechsunzwanzigste derzo, Maht der letzte Funke der Michael Serk, sing Auge räuhig zo. Wann noh hunderte vun Johre ens de Chronik weed studeet Fingk ma do vill Name die bei uns in Kölle existeet. Dobei süht mer en däm Booch e Blatt, wo drop geschrevve steiht: Eine Name gross en Goldschreff dä genog besage deit. Mög hä nor noch mänches Johr röstig blieve un och klor, Uns zor Freud un uns zur Ehr, däm rut-wiesse Korps zor Zeer. Jedem ächte Kölsche ess dä Name secher got bekannt, Denn hä weed vun keinem andersch als der „Schneider-Clauss“ genannt.
De ahle un de neue Funke em Johr 1823
Aus der ehemals „Freien Reichsstadt Cölln“ war 1815 eine preuß. Provinz- und Garnisonsstadt geworden. 1822 hatte die Stadt 50.000 Einwohner, genau so viel wie in der reichsstädtischen Zeit, nur waren in die Gebäude der aufgelösten Klöster und Stifte ca. 6.000 Mann preuß. Militär eingezogen. Das war für die Stadt, die auch vom preußischen Militärstaat als Festung bestimmt war, eine gewaltige Veränderung ihres äußeren Erscheinungsbildes. Wenn man demgegenüber die alte reichsstädtische Garnison mit einer 300-500 Mann starken, meistens aus Kölner Bürgern bestehenden stadtkölnischen Truppe vergleicht. Das Verhältnis der Kölner zu ihrer preußischen Garnison blieb in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kühl und unerquicklich, trotz der allgemeinen Wehrpflicht, die auch Kölner unter die preußischen Fahnen rief, man mochte die preußische Uniform nicht; man spottete in Köln über den Parademarsch und Gamaschendienst mit dem Spottvers:
„Rude Krage – nix em Mage
golde Tresse – nix ze fresse.“
Mit Argwohn betrachtete die preußische Regierung die Kölner Bevölkerung, die mehr oder weniger unbekümmert dahin lebte, an ihren alten Traditionen hing und insbesondere die kirchlichen Feste (Kirmes) feierte. Diese Eigenart wurde im amtlichen Sprachgebrauch der Preußen als „die besonderen Kölner Verhältnisse“ bezeichnet. Auch im politischen Bereich kam es zu ersten Spannungen zwischen der Kölner zivilen Oberschicht und der preußischen Obrigkeit, woraufhin der Oberbürgermeister v. Mylius abgesetzt und ein Prozeß gegen ihn angestrengt wurde. In ihren Argumentationen stellten die Preußen die alte Kölner reichsstädtische Vergangenheit als schlecht, rückständig und intolerant hin und alles was an reichsstädtsches erinnerte wurde nicht gerne gesehen. Aber den Kölnern blieb ihre Erinnerung heilig.
Als aus dieser romantischen Sehnsucht im Jahre 1823 das vaterstädtische Fest -der Rosenmontag- mit seinem Umzug neu belebt wurde, kam in diesen farbenprächtigen Mummenschanz eine politische Polemik mit dem Traum von der alten Reichsherrlichkeit zum Ausdruck.
„Des Helden Karneval Wiederinbesitznahme seines alten Reiches oder die Thronbesteigung des Helden“; unter diesem Motto stand der erste Rosenmontagszug.
Der Habitus des „Helden Karneval“ ist der Seiner Kaiserlichen Majestät, dem sich Köln einst als freie Reichsstadt allein untertänig gezeigt hatte. Dementsprechend zeigte der Maskenzug Gruppen, die auch in der alten reichsstädtischen Zeit im öffentlichen Leben eine Rolle spielten, z.B. die Hilligen Knächte und Mägde und dann in der 5. Gruppe die „Roten Funken“.
Sie trugen die Uniform nach dem Schnitt und der Mode der 90er Jahre des 18. Jahrhunderts. Solche Uniformen hatten nur noch die Veteranen des reichsstädtisch-kölnischen Militärs, denn lt. Pensionsliste lebten noch viele von ihnen in der Stadt. Ein Dutzend waren es, die dann wieder ihre alte Uniform anzogen und sich damit nach 22 Jahren wieder in der Öffentlichkeit zeigten. Sie marschierten und parodierten in einer schwerfälligen Art, um den Gegensatz zwischen ihnen und dem preußischen Militarismus mit seinem übertriebenen Drill hervorzuheben. Denn es war geboten worden, das der Maskenzug
„in das Gewand des Scherzes und des Frohsinns gehüllt, Stoff zum Lachen darböte“.
Mit ihrer karnevalistischen Parodie auf die ungeliebten Preußen eroberten sie sich die Herzen der Kölner Bevölkerung. Um sich auch fortan aktiv an dem Kölner Karneval zu beteiligen, gründeten sie einen Kölnischen Funken Verein. Doch schien der neue Verein das politische Mißtrauen der preußischen Obrigkeit geweckt zu haben, die darin ein Bestreben sahen, dass hier reichsstädtisches Gedankengut gepflegt werde. Darum setzten die Funken ihre Einladung zur Hauptversammlung am 21. Februar 1824 in die Kölnisänzte Funkeche Zeitung; darin stand:
“ … für den bevorstehenden Fasching zu beobachtenden Förmlichkeit definitiv reguliert und festgestellt werden sollen. Damit jedoch der Zweck dieses Vereins nicht verkannt und auch die Versammlung nicht gestört werde, so ist diesmal hierzu das Privathaus Nr.10 am Zeughaus gewählt worden.“
Sie bildeten dann auch die erste Gruppe des Rosenmontagszuges 1824.
Damit war aus den „ahl änzte Funke“ die karnevalistische Truppe „de Rut Funke“ geworden, deren Ziel es heute u.a. ist, die Erinnerung an die „änzte Funke“ wach zu halten.
vun 1823 bis 1872
Diese Stadtsoldaten mit ihren roten Röcken hatten nichts zu lachen
Als die Roten Funken 1823 erstmals im Kölner Rosenmontagszug auftauchten, den das Festordnende Commitee organisiert hatte, da erinnerten sie an eine Truppe, die knapp 30 Jahre zuvor von den in Köln einmarschierenden Franzosen vertrieben worden war. Diese Stadtsoldaten mit ihren roten Röcken hatten nichts zu lachen. Sie waren dem Gespött der Kölner ausgesetzt, miserabel besoldet und Vorgesetzten ausgeliefert, die nicht selten drauflos prügelten. Die Aufstellung dieser reichstätischen Miliz wird auf 1660 datiert. Tatsächlich muß die Freie Reichsstadt Köln schon früher Berufssoldaten gehabt haben. Sie hatte neben einer Bürgerwehr, die von den Gaffeln gestellt wurde, je nach Lage eine bestimmte Anzahl von Soldaten im Sold. Es waren Zaldate, die „kunnte nit scheeße“, warum auch? Die Stadt war von einem Mauerring umgeben. Und wenn Gefahr drohte, kamen Kanonen zum Einsatz. So blieb den Vorgängern der Funken der Dienst bei der Gendarmerie und der Zollaufsicht an den Toren – eine von den Kölnern keineswegs geschätzte Tätigkeit. 1682 sah sich der Rat gezwungen, die Bevölkerung aufzufordern, sich gegenüber den Stadtsoldaten gefälligst anständig zu benehmen. Die Zaldate waren darauf angewiesen, zu ihrem Sold hinzuzuverdienen. Viele mußten sich den Nebenverdienst mit Strümpfe stricken sichern, viele verwahrten Kinder während das Gewehr nutzlos an der Wand lehnte. Dieses Leben konnten die meisten offenbar nicht nüchtern ertragen. Nicht selten ließen die Stadtsoldaten ihre Torwache außer acht, um dem „liederlichen Saufen beständig nachgehen zu können“. Harte Bestrafungen waren an der Tagesordung: Von Stockschlägen und Strafeselreiten bis zum Arrest. Um so größer war und ist die Anerkennung, die die Roten Funken seit dem Verschwinden der Stadtzaldate bis heute genießen. Das Verblüffende ist, daß keiner der kölnischen Stadtsoldaten mehr gesichtet wurde, als im Oktober 1794 die Franzosen anrückten. Dennoch gab es 1798 noch ein neues Adreßbuch, in dem die Truppe mit Namen und Privatadresse aufgeführt war.
Es gibt keine Abbildungen der alten Stadtsoldaten. Aber man geht sicher davon aus, daß die Abbildungen der Roten Funken aus den ersten Rosenmontagszügen ab 1823 die Uniform-Ordung der Stadtsoldaten von 1794 als originalgetreue Kopie zeigen. Es war Ende 1822, als sich ein Kreis honoriger Männer in der Weinwirtschaft „Im Häuschen“ hinter St. Ursula trafen. Es galt, den Wildwuchs im Karneval zu stoppen. Bei dieser Vorbesprechung für den Zog am 10. Februar 1823 hatte der 26 jährige Jurist und spätere Regierungspräsident Johann Heinrich Franz Anton von Wittgenstein die Idee zur Aufstellung einer Gruppe von Roten Funken. Sie bildeten die 5. Gruppe im Rosenmontagszug. Lange Jahre wahr man zwar der Überzeugung, daß die Funken vom ersten Rosenmontagszug im Jahr 1823 an immer dabei waren, aber man glaubte ebenso, daß sich da an Karneval über Jahre eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe fand, um die Funken im Zog zu machen. Tatsache ist aber wohl, daß die Funken sich schon Ende 1823 in einem geregelten Verein organisiert hatten. Am 21.2.1824 beispielsweise rief das Commité der Kölnischen Funken in einem Artikel der Kölnischen Zeitung zur Hauptversammlung des Kölnischen Funkenkreises auf. Diese Zeitungsnotiz wurde erst 1970 im Archiv der Universität zu Köln entdeckt.
Rote Funken – Geschichte
Im Sommer 1997 fand Dr. Michael Euler-Schmidt, stellvertretender Direktor des Kölnischen Stadtmuseums, einen weiteren Beweis: Er entdeckte in der Kölnischen Zeitung folgenden Artikel vom 14. Februar 1824: „Zur Bewachung unseres Helden Carneval haben sich mehrere Fastnachtsfreunde vereint, eine Ehrenwache zu Fuß zu errichten.“ Erster Kommandant der Roten Funken war ein gewisser „Herr vun Künnigsfeld“. Er wird 1824 erstmals erwähnt und bis 1852 wird kein anderer Name in diesem Zusammenhang genannt. Einige glaubten, es handelte sich bei General vun Künnigsfeld um einen authentischen Namen. Andere waren stets überzeugt, daß er ein Ulkname war. Einen Tag nach der ersten Zeitungsnachricht über die Funken wird am 15.2.1824 ebenfalls in der Kölnischen Zeitung zur Versammlung der Funken in der Zeughausstraße 10 aufgerufen. Im Stadtmuseum existiert noch ein Adreßbuch aus den Jahren 1822/23. Darin fand Euler-Schmidt den Bewohner des Hauses an der Zeughausstraße: Dort wohnte 1823 ein Gerichtsvollzieher namens Georg Peffenhausen. Vermutlich ist Peffenhausen also der erste Funkenpräsident, der General „vun Künningsfeld“, sagt Euler-Schmidt. 1824 erschien ein Buch Lieder für den „Karneval zu Köln“, in dem das Lied Nro. III „An die kölschen Funken (bekannte Funkenmelodie)“ enthalten ist. Im selben Jahr marschieren exakt elf Rote Funken im Zog mit. In der Zeit schrieb Goethe den Kölner Karnevalisten ein sechsstrophiges Karnevalsgedicht. 1844 veröffentlichte die „Leipziger Illustrierte Zeitung“ eine Überschrift „Kölnischer Carneval“, deren Buchstaben aus Roten Funken bestanden. 1852 wurde der Deutzer Schlossermeister Anton Reintgen Funkenkommandant; sein adeliger Spitzname „Tünn vun Düx“. In seiner Zeit, ab Ende der 1860er Jahre, nannten sich die Funken „Kölner Funken-Infanterie“ (K.F.I.). 1869 wurde Reintgen auch Präsident.
Das blieb er bis 1881. 1870 bildete sich innerhalb der Roten Funken eine Gruppe, die sich den Namen „Kölner Funken-Artillerie“ gab und deren Uniformen blau-weiß waren – die Gründung der Blauen Funken.
vun 1873 bis 1897
Über die karnevalistischen Aktivitäten der Funken Anfang der 1870er Jahre ist nicht allzuviel bekannt.
1879 zog ein strahlender Prinz durch Köln, der zwei Jahre später Nachfolger von Präsident Reintgens wurde: Ferdinand Hellmers, genannt „de Teut“. Unter der Regie von Präsident Hellmers wurde die „Funken-Infanterie“ erst Karnevalsgesellschaft mit einem dauerhaften Session-Sitzungsprogramm. Zuvor hatte es lediglich Exerzierstunden gegeben, denen ein geselliges Beisammensein folgte, das man auch nutzte, um sich auf den kommenden Zog vorzubereiten.
Nach 1880 dann wurde zu reinen Herrensitzungen geladen, deren Leitung der Kommandant übernahm. „Highlight“ im Programm war schon damals das Funkenexerzieren mit Knabbüß, Wibbeln und Stippeföttche. Daß es das weltberühmte Stippeföttche, das sich übrigens zeitweise auch mit „v“ schrieb, schon in den frühen 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab, belegt ein Gruppenbild des Korps von 1883. Dort sieht man Funken bei der Parodie auf streng militärische Aufmärsche der Preußenzeit. Zu erkennen ist dort auch, daß die Funkenmützen zu der Zeit oben abgerundet waren. Und während der Mützenschmuck früher aus einem Stadtwappen bestand, aus dem das Grenadierfeuer herausschlug (vielleicht ist das der Ursprung des Namens „Funken“), ist 1883 bereits „Pief un Böckem“ oder „Böckem un ähde Nötz“ am Wappen der Mütze. Übrigens wird in den 1880er Jahren am Säbelportepe der Uniform nur der Öllig erwähnt. Man vermutet, daß er ursprünglich Ersatzfunktion für verlorengegangene Säbbeltroddel hatte. Aber zurück zu den Sitzungen. Hier sorgten in der Zeit nicht nur die Funken für ein munteres Programm: auch die Gäste durften sich vor Publikum als Büttenredner beweisen. Den Hauptteil solcher karnevalistischen Treffen nahm der Gesang ein. Ausgesprochen patriotische Töne bestimmten die Lieder in der Bismark-Ära. Da wurde noch nicht das Mariechen, sondern die „Germania“ besungen. Verfechter solcher vaterstädtischer Töne war der Gründer der Blauen Funken, Franz Bourgeois. Der leitete den „Nationalen Club“ und soll keinen Sinn für die von den Roten Funken so humorvoll dargebrachte Preußen-Persiflage gehabt haben.
Die Roten Funken begannen sich in der Folgezeit zunehmend aus ihre Tradition zu besinnen. Ein Indiz dafür ist der Plaggen, der auf alt getrimmt wurde. Aus dieser Zeit stammen auch der Funkenmarsch, Funkentanz und das Mariechen. 1886 trat Gustav Delphy die Nachfolge von Präsident Hellmers an.
Delphy wurde 1887 abgelöst von Karl Bormkessel („Brummpott“). Neben ihm – der Eisenbahningenieur blieb bis 1899 Präsident – trat 1888 Funkengeneral „Manes vun Klatschemann“, Herrmann Faßbinder, als Kommandant. Die beiden führten auch Regie, als der Marsch der Kölner „Funken-Infanterie“ erschien: Start unter anderem für das beliebte Ausschwärmen zum „Bützen“. Texter des Funkenmarsches war Adolf Metz, Mitbesitzer des Domhotels, die Musik stammte von Professor Hermann Kipper, Funken-Spitzname:“Jodocus Fleutebein“. Kipper war damals eine Berühmtheit in Köln und noch dazu ziemlich einflußreich. Er war Musikreferent der Kölnischen Volkszeitung und Gesanglehrer am Kölner Marzellen-Gymnasium in der Marzellenstraße. Ein genußfreudiger Kölner, der Spitzname „Pomery“ für Stabstrompeter Reinhold Fellenberg deutet darauf hin, ergänzte Kippers Marschmusik später mit: „Ritsch, ratsch de Botz kapott“.
Aber die Anfang 1890er Jahre brachten noch eine weitere Neuerung ins Funkenleben. Bormkessel und Faßbinder nämlich führten Funken- und Mariechentanz ein. Der Text „Marieche, Marieche, wo is dann dinge Jung, om Nümaat, om Nümaat un schleit de decke Trumm“ stammt übrigens aus der Feder des Journalisten Peter Paul Faust, die Musik komponierte Alfred Beines. Getanzt wurde nach der Choreographie des Tanzlehres Friedrich Gosewich, der dazu Motive alter Funken-Darstellungen umgesetzt hatte. Bei der Uraufführung des Funkentanzes, Rosenmontag 1895, trat das erste weibliche Funkentanzmariechen des Karnevals auf. Das allerdings sollte eine Ausnahme bleiben. Vorher und lange Jahre nachher war diese Rolle den Männern vorbehalten. Auf dem schon erwähnten Gruppenbild der Funken von 1883 sind zwei Mariechen zu sehen, beide sind männlich. Und auch in den Funkenstammrollen von 1880 bis 1935 sind viele Funken verzeichnet, die den Spitznamen „Mariechen“ trugen und als solche auftraten. Ob die männlichen Mariechen schon vor 1890 Tänze aufführten, weiß niemand. In den alten Funkenliedern jedenfalls werden sie nicht erwähnt. Trotz aller Regeln traute die Obrigkeit offenbar damals den Karnevalisten nicht über den Weg. So mußte Präsident Bormkessel Jahr für Jahr bei der Polizei um Genehmigung des Sessionsprogramms nachsuchen.
Es existiert noch ein Schreiben mit der Nachricht, daß sich die Carnevalsgesellschaft Kölner Funken-Infanterie für das Jahr soundsoviel wieder gebildet hat. Als ob die Funken nicht von Anfang an Gesellschaft gewesen wären und sich statt dessen jeweils an Aschermittwoch wieder aufgelöst hätten! Bereits in den 70er Jahren nahm das Korps neue Mitglieder genauer unter die Lupe. Vorbei die Zeiten, als sich gewissermaßen jeder, solange er männlich war, melden konnte, „för em Fasteleer de Funke zu maache“. 1897, ein Jahr vor dem 75 jährigen Bestehen der Funken, war der Gastwirt Gerhard Becker umjubelter Prinz Karneval.
vun 1898 bis 1922
Die erste Zeit nach dem 75jährigen Bestehen der Roten Funken brachte rasche Wechsel an der Spitze des Traditionskorps.
1900 wählten die Funken Gerhard Becker zu ihrem Kommandaten, und er erhielt den Spitznamen „Grades de Trumm“. Erst ein Jahr zuvor hatte es einen Wechsel im Präsidentenamt gegeben, als der aktive Funkendoktor Hermann Böhmer („Dr. Nötz“) die Nachfolge von Bormkessel als Präsident antrat. Er wechselte schon 1902 ebenfalls als Präsident zur Großen Kölner Karnevalsgesellschaft.
Als Böhmer ging, übernahm Kommandant Becker gleichzeitig das Präsidentenamt. Er blieb ebenfalls nur wenige Jahre, 1907 entschied er sich für die Leitung der Großen Karnevals-Gesellschaft. Nachfolger von Becker bei den Roten Funken wurde – für ein Jahr- 1908 das langjährige Vorstandsmitglied Jean Meid, „vun Truffel“. 1909 trat er ab und machte Platz für eine neue Funken-Ära. Zwei starke Figuren übernahmen das Ruder im Korps.
Präsident wurde der Kaufmann, Junggeselle und – wie diejenigen, die ihn kannten, überliefert haben – einer der größten Idealisten, Theo Schaufuß, „de Pläät“. Ihm stand der Fotograf Ernst Bluhm, „Blom vun d§r Ehrepooz“, als Kommandant zur Seite und dieses Ehrenamt behielt Bluhm 22 Jahre lang, bis 1931. Bluhm war ein Kommandant, der streng durchgriff. Er soll die Aktiven bei Tanz- und Wibbelabenden höchstpersöhnlich gedrillt haben. Angeblich gab es niemanden, der sich drücken konnte.
Zucht und Ordnung zahlten sich aus: Vor dem 1. Weltkrieg präsentierte Bluhm „seine“ Funken häufig den in Köln weilenden Fürstlichkeiten und höchsten Militärs. Und dafür wurde der Kommandant stets ausgezeichnet. „Nicht unerwähnt bleiben darf, daß Rote Funken am Rosenmontag vor dem Rathaus und dem Regierungsgebäude nach jahrelangem alten Brauch vor den auf den Balkonen versammelten Honoratioren die offiziellen Ehrenbezeugungen der Stadt Köln machten“, schreibt später Funken-Präsident Eberhardt Hamacher. Im Gegensatz zum strengen Kommandanten Bluhm liebte Präsident Theo Schaufuß bei den Zög offenbar den einfachen Auftritt. Vor 1914 trug er als Feldwebel stets mit Stolz die alte Funkenfahne.
In den Jahren des 1. Weltkrieges verehrten die Funken, die an der Front standen, ihren Präsidenten als väterlichen Freund. Es gibt im Archiv der Funken ganze Postkartenbände aus der Zeit, Karten, adressiert an „Theo de Pläät“, deren Texte grenzenlosen Heimweh und glühende Heimatliebe verraten.
Ende des 1. Weltkrieges, 1918, starb Theo Schaufuß. Die Funken erichteten ihrem Präsidenten ein prächtiges Grabmal auf dem Südfriedhof. Bis 1965 war dieses Grabmal Ziel der Funkentrauerparade am Allerheiligentag, die zum Andenken an die Toten des Korps durchgeführt wird. Seit 1966 zieht die Trauerparade zum Grab des langjährigen Funken-Präsidenten Hamacher. Noch 1919 wurden von der Regierung in Berlin und von den Besatzungsmächten ein Karnevalsverbot ausgesprochen. Man traf sich allenfalls in privaten Runden.
Nach dem Tode von Theo Schaufuß übernahm Vorstandsmitglied André Welter, „Quallmann“, die Präsidentenschaft. Angesichts des Karnevalsverbots machte er aus der Abkürzung für „Kölner Funken-Infanterie“: K.F.I. den Verein „Kölner Familienkreis Internum“. Was sich entwickelte, war ein Verein, der ab 1922 den Charakter einer Kasinogesellschaft annahm. Die erste größere Zusammenkunft der Funken nach dem 1. Weltkrieg fand am 26.Juli 1919 in Urbans Burghof an der Hohe Straße statt.
Als sich der Druck auf die Karnevalisten abschwächte, änderten die Funken ihren Namen wieder.
Ab dem 21. Oktober 1922 heißen sie „Kölsche Funke rut-wieß vun 1823“.
vun 1923 bis 1947
Die Roten Funken wären nicht die Roten Funken, hätten sie 1923 nicht das noch geltende Karnevalsverbot ignoriert und zu ihrem 100 jährigen Bestehen nach Kräften auf die Pauke gehauen.
1500 Herren waren im großen Saal der Bürgergesellschaft am Appellhofplatz gekommen, um mit den Funken, an ihrer Spitze der Heimatschriftsteller Professor Dr. Wilhelm Schneider-Clauß, die Gläser zu erheben. Es war zugleich die erste Sitzung des späteren Festkomitee-Präsidenten Thomas Liessem, damals 22 Jahre alt. Er schwärmte: „Die später erregt diskutierte Jubiläumsschau der Roten Funken hatte mich so beeindruckt, daß ich von Stund an dem Karneval restlos verfallen war. Ich wurde Roter Funk und hatte das Herz, die Bütt zu erklimmen.“ Erregt diskutiert, weil die Feier am 7. Januar 1923 fast zu einer politischen Kundgebung geworden wäre, die Franzosen hatten das Ruhrgebiet besetzt. Die immer noch andauernde Suche der Gesellschaft nach einem geigneten Kasino bewogen ein ehemaliges Mariechen der 1890er Jahre, den Kommerzienrat Dederichs, der inzwischen in England lebte, den alten Freunden eine großzügige Spende zukommen zu lassen. Dederichs stiftete eine Million Mark. Leider hatte die Inflationszeit begonnen. Der Erwerb eines Kasinos kam nicht zustande, aber die Funken ließen das Millijönche nicht ganz verfallen: Ein Fuder 22er „Adelgunder Lay“ wurde erstanden, das Faß im Keller des Funkenmitglieds „Schobbe“ gelagert, und in Flaschen gefüllt. Ein Jahr später, die Gesellschaft nutzte das jecke Jubiläum 111 Jahre gerne noch einmal zum kräftigen Feiern, quartierten sich die Funken in ihrem ersten Kasino ein: Im Keller des Restaurants „Weihenstephan“ an der Schildergasse. Das Jahr 1924 ist der Start einer schweren Prüfung für die Gesellschaft, eine Zeit von Zerrissenheit und schwerer innerer Streitigkeiten. Christian Witt „vun Gubü“ wurde Präsident (bis 1930). Er war ein humorvoller Mensch, war als Type „Professor Säuerlich“ begehrter Büttenredner, hatte Possen und Revuen geschrieben. Im Verein krachte es an allen Ecken und Enden. Die Auseinandersetzungen drohten zu Abspaltungen zu führen, „Meuterer“ gruppierten sich um Witt. Der trat schließlich zurück und mit ihm der langjährige Kommandant Ernst Bluhm. Der Professor kam zurück, Schneider-Clauß erhielt den Spitznamen „Rutsteff“ und gab den Korpsbefehl aus: „De Zick eß schlääch, eß better schlääch, wie se noch nie gewäß eß“, gleichzeitig galt die Parole: „Rut un wieß eß uns Klör, blöht wie Schnei, glöht wie För. Kölsch et Häätz, kölsch d§r Klaaf, Söß ov soor- Köll§n alaaf!“
Es war damals ein offenes Geheimis, daß im Haus des Präsidenten die Ehefrau der Präsident war. Tatsächlich schaffte sie es, als erste Frau auf dem Funkenwagen im Zog mitzufahren. Der Gatte trat am 17. März 1933 von seinen Funkenämtern zurück. Es drehte sich ein Kommandanten- und Präsidentenkarussell: Für eine Session 1934/35 leitete Schwimmerboß Jupp Moher, „Jupp vun Düx“, das staatse Korps, im Sommer 1935 wird er vom Baas des Kölner Männer-Gesang-Vereins (KMGV), Johannes Wiesbaum („Schäng vun d’r Wolkenburg“), abgelöst. Kommandant der aktiven Funken wurde 1934 Jakob Juli, „Köbes vun Neppes“, sein Amt übernahm 1935/36 Jakob Berg, „Köbes vun un zo d’r Fleut“.
Der wiederum mußte 1936 sein Amt niederlegen, weil es Kompetenzschwierigkeiten zwischen ihm und dem Präsidenten gab, und das war meist so, wenn zwei starke Persönlichkeiten aufeinander trafen. Diese Erfahrung führte schließlich zur Satzungsänderung am 15. April 1936: Ab da mußte der Präsident auch Kommandant sein, und Wiesbaum schlüpfte in diese Rolle. Durch Wiesbaums enge Verbindung zum KMGV wechselten die Funken mit ihren Kasinoabenden in die Wolkenburg des KMGV. Bereits in den 30er Jahren zog es die reisefreudigen Funken in die Ferne. So besuchten sie 1935 den Müchner Fasching. Ein Jahr später bereicherten die Funken im Sommer den internationalen Festzug beim Hamburger Weltkongreß für Freizeitgestaltung und Erholung. Eine Traumreise folgte 1937 zur Pariser Weltausstellung. Besuche in Berlin, Rotterdam und Mainz fanden statt. Nach den Ende des 2. Weltkriegs erwachten die Funken aus tiefer Ohnmacht. Der damalige Schriftführer Eberhard Hamacher verkündete: „Wir leben noch“ und alle Funken, deren Adresse er ausfindig machen konnte, forderte er auf: „Dä Kreeg eß am Engk, Uns Kölle ging drop. Funk, späu en de Hängk un bau widder op!“
Das war gleichzeitig die Einladung zur ersten Kontrollversammlung am 29.9.1945. 56 Funken kamen zum Restaurant „Em Hondersch“ am Hahnentor.
Am 8. Dezember fand die erste Nachkriegsversammlung im Saal „Stadt Nürnberg“ am Weidenbach statt. Dabei legte Präsident Wiesbaum wegen seiner „braunen“ Vergangenheit seine Ämter nieder. Es begann die Ära des langjährigen Präsidenten Eberhard Hamacher. Funkenmitglied seit 1925, Mitglied des Vorstands, Chronist und Generalpostmeister, war er 57 Jahre alt, als er Präsident und Kommandant der Roten Funken wurde; sein Spitzname: „Hardes vun Fluh“. Als sich am 14. September auf Initiative von Hamacher das Festkomitee mit Vertretern verschiedener Gesellschaften zur konstituierenden Sitzung nach dem Krieg traf, da geschah das in der „Funkenburg“, dem Kasino, das die Gesellschaft am 2. März 1946 im Haus am Sachsenring 24 bezogen hatte.Bereits 1946 wurden wieder 12 Rekruten auf d’r Plaggen vereidigt. Darunter war, 18 Jahre alt, der heutige Ehren-Präsident und Ehren-Kommandant Hansgeorg Brock, damals noch „Stätzge“ und später als Präsident „Et Stätzge vun d’r Ülepooz“.
vun 1948 bis 1972
Der Krieg hatte Köln in Schutt und Asche gelegt. Funken, die die schrecklichen Wirren überlebt hatten, gehörten zu den ersten, die in die Hände spuckten, um sich an den Wiederaufbau zu machen.
Sie waren auch die ersten, die wieder durch die Ruinen Kölns zogen. 1948 – es gab noch keinen Zog- marschierten sie Rosenmontags umjubelt durch die Straßen und feierten so ihr 125 jähriges Bestehen. In dieser schlechten Zeit kamen dennoch 2500 Leute zur – für damalige Zeiten- glanzvollen Jubiläumssitzung im Williamsbau, dem früheren Winterzirkus an der Aachener Straße.
Die Funken standen auch in der ersten Reihe, als es darum ging, den Gürzenich zu entschutten. Am 11.11.1955 zogen sie mit Fackelzug und klingendem Spiel als erste Karnevalsgesellschaft in den fertigen Gürzenich ein. Im selben Jahr begannen sie eine Aufgabe, die einem Kraftakt glich: Sie entschutteten ihr eigenes späteres Hauptquartier, die Ulrepforte. Die Stadt überließ der Gesellschaft die mittelalterliche Torburg in Erbpacht. Ganz nach dem Satz „mer kennt sich, mer hilf sich“ stellte damals Vorstandsmitglied Fritz Fuhr, als Bauunternehmer mit dem Spitznamen „Zementbüggel“, das notwendige Rüstzeug zur Entschuttung – und übernahm anschließend mit seiner Firma die Wiederaufbauarbeiten. Am ersten Tag wurden 28 Lastwagen Schutt abtransportiert.
Selbst der damalige Bürgermeister Theo Burauen, der als Oberbürgermeister später den Rote-Funken-Namen General „Flintenbein“ erhielt, packte mit an. „Umzug“ war bereits am 30.9.1956. Mit wölle Krätzche und Besenstielen, vorneweg die Regimentsmusik des Hardy von den Driesch, zogen die vier Knubbel über die Ulrichgasse zum fahnengeschmückten Turm. Die Funken hatten endlich eine feste Bleibe, und was für eine! Viele Einrichtungsschätzchen, darunter die Szenen aus dem Funkenleben des Kunstmalers Jupp Stolzen- konnten über den Krieg gerettet werden und viele wurden gestiftet. Es seien nur einige Beispiele genannt, die der Ülepooz ihre besondere Gemütlichkeit geben: Die Farbglasfenster, darunter eines im Senatszimmer, das die die Postwagengruppe im Rosenmontagszug verewigt hat. Außerdem acht prächtige Sessel des Senatszimmers, in die alle Wappen und Zeichen Kölner Geschlechter und Handwerke eingeschnitzt sind, dazu gibt’s einen passenden Tisch. Die Schmuckstücke stammen aus dem Nachlaß des Funkenfreundes Heinrich Becker. Zu den Schmuckstücken gehören auch der Intarsientisch , die holzgeschnitzten Funkenfiguren auf den Lampenbalken in der Wachstuvv, die Wetterfahne mit zwei wibbelden Funken, die Torbeleuchtung und die beiden Kanonen auf den Ecken der Caponniere. Und nicht zu vergessen die Funkenuhr, die das Korps aus Anlaß des 75. Geburtstags von Präsident Hamacher „Hardes vun Fluh“, 1963 stiftete. Das Ziffernblatt zeigt den damaligen Präsidenten und Kommandanten Hamacher, der auf einem Floh reitet. Und damit man sich all die schönen Dinge auch zukünftig leisten kann, hatte Senatspräsident und Funkengeneral „Nippfigürche“, seinerzeit der wichtigste Mann in der Kölner Porzellan-Brache, zu seinem 65. Geburtstag die „Fritz Everhan Stiftung“ zur Erhaltung und zum Ausbau der Ulrepforte ins Leben gerufen. Heute ist der Haupttitel der Stiftung Freunde und Förderer der „Ühlepooz“, mit „h“ geschrieben, daran sieht man, daß die kölsche Schreibweise eine Glaubensfrage ist. Auch nach dem Krieg betrieben die Roten Funken aktive „Außenpolitik“, sie blieben, anders als ihre Vorgänger nicht in den Stadtmauern stecken, sondern eroberten die Welt. Dabei ging’s 1955 gleich hoch hinaus, das Korps reiste auf die Zugspitze. Weit weg zog es eine Funkenabordung 1961. Am 30. September nahmen sie an der New Yorker Steubenparade teil. Und dort geschah etwas Einmaliges. Mit ausdrücklicher Genehmigung der Kölschen Funken darf sich seitdem eine Vereinigung von Deutsch-Amerikanern mit dem offiziellen Titel „Kölsche Funken rut-wieß vun 1823 seit 1961 in New York“ schmücken. Die amerikanische Begeisterung für das Kölner Korps geht soweit, daß zumindest in den Anfangsjahren Uniformen nach Maß in Köln geschneidert wurden und dann nach New York gingen. Was die Funken alles so treiben, das wird seit 1968 in der Zeitung „Stippeföttche“ zur Kenntnis gebracht. Die „Funkepoß aus d´r Ülepooz, Intelligenzblättche der Kölsche Funke rut-weiß vun 1823“ wird sogar bis in die USA verschickt. Überhaupt sind ausländische Gäste stets beeindruckt vom Funken-Leben. Höchste Militärattachés wohnen alljährlich mit Begeisterung dem Korpsappell mit Regimentsexerzieren der Funken bei. Noch ein paar Worte zur Satzung. Dort ist auch für den Fall, der hoffentlich niemals eintreten wird, Vorsorge getroffen worden. Sollten sich die Funken einmal auflösen, dann fällt das Eigentum der Gesellschaft an die Stadt – unter der Verpflichtung, das Barvermögen zur Pflege kölnischer Eigenart und Sprache zu verwenden und die Kunstgegenstände und Erinnerungsstücke in einem Museum auszustellen. In einem solchen Fall müssen sich auch die Knubbel unterordnen: „Bei Auflösung des Vereins sind auch die Knubbel aufgelöst“, heißt es in der Satzung. Aber keine Angst, die Roten Funken haben soviel überlebt, sie werden nicht wie ihre Vorgänger eines Tages spurlos verschwinden. Zukunftspläne gab’s und gibt’s zuhauf, und sie werden in die Tat umgesetzt. So haben die Funken inzwischen das Tiefgeschoß des Caponnierebaus bis unter die Fahrbahndecke des Sachsenrings für die urgemütlichen Knubbelabende ausgebaut. Mit diesem ehrgeizigen Bauvorhaben wurde 1972 begonnen.
vun 1973 bis 1998
„Sie prunken, aber sie protzen nicht“
Beim Herrenkommerz im Gürzenich rühmte Festkomiteepräsident Ferdi Leisten (Funkenspitzname „Päädche“) die Funken: „Sie prunken, aber sie protzen nicht“. Sie seien allezeit daß kölscheste Korps im kölschen Fasteleer. Zum stolzen Jubiläum wollten die Funken etwas ganz Besonderes für alle Kölner auf die Beine stellen. Ein karnevalistisches Feldlager auf dem größten Platz in der Stadt sollte ein einmaliger Knüller sein und wurde dann zum Dauerbrenner: Das Funkenbiwak auf dem Neumarkt. Nicht nur zu Hause, sondern auch in fremden Ländern wurden die Funken herzlich empfangen. 1974 beispielsweise wurde die 1961er Reise nach New York zur Steubenparade samt Freunden und Frauen der Funken wiederholt.
1978 zog es die Kölschen erneut in die Neue Welt. Los Angeles, San Franzisco und Las Vegas waren die Hauptreiseziele. 1981 sprach ein Düsseldorfer Funken-Fan names Michael Dux, von Beruf Generalkonsul, eine Einladung nach Denver aus. Das Schmölzje sah unter anderem New Orleans, Las Vegas und Orlando. Vielen ist noch die offizielle Teilnahme an der Mittagsparade von Disney-World in Orlando/Florida in bester Erinnerung.
Ein Jahr später wieder eine große Tour, diesmal nach Namibia/Südafrika. 1989 hatten sie die Ehre, Deutschland in Spanien zu vertreten. Auf Initative des Bundes deutscher Karneval fuhren 50 Funken ins Südspanische Murcia. Im Mai 1996 schließlich machten sich 45 Funken zur nächsten 14tägigen Fahrt nach Amerika auf: Philadelphia, die Niagarafälle, Toronto/Kanada waren einige Ziele. Anlaß war eine Einladung von Kölns Partnerstadt Indianapolis.
Natürlich nahmen die Funken an der Großen Parade teil. Die dortigen Journalisten zeigten stets reges Interesse am Leben in Köln. Begehrt waren die Funken auch beim heimischen Fernsehen. Sie gehörten zu den Darstellern bei der WDR-Serie „So lebten sie alle Tage“, die 1983 mitten im Sommer auf dem WDR-Gelände in Bocklemünd gedreht wurde. „Geheimnisse der Severinstraße“ war eine weitere Produktion, in der sich die Funken als begabte Schauspieler bewiesen. Insgesamt standen die Funken zigmal vor der Kamera, auch in ihrem Domizil am Sachsenring. In die grundlegende Sanierung der Ulrepforte steckten die Funken allein von 1991 bis 1994 insgesamt 650.000 Mark. 1993 – ihr Präsident, dessen Herzblut den Funken gehört, wurde 65 Jahre alt – machten die Funken nicht zuletzt auch der Stadt ein dickes Geschenk, das für jeden sichtbar ist: Man feierte Richtfest für die Rekonstruktion des Südturmes an der Ulrepforte, die nach historischen Vorlagen erfolgte. Das alte Flachdach, das ständig feucht gewesen war, wurde durch ein mit Moselschiefer gedecktes Dach ersetzt, gleichzeitig entstand dort ein neues, großzügiges Zimmer. Finanziert wurde das Bauvorhaben (Kostenpunkt: Zusätzlich zu den in drei Jahren investierten 650.000 Mark noch einmal 400.000 Mark) von den Roten Funken, dem Ülepooz-Verein sowie von der NRW-Stiftung für Natur und Denkmalschutz. Am 10. Februar 1994 lud das Korps zur Einweihung des frisch renovierten Turms. Bei soviel (Bau)-Arbeit durfte natürlich das Feieren nicht zu kurz kommen: 1990 nahmen die Funken das Hotel Maritim als Ballhaus in Besitz. Einige Jahre zuvor war der Rosenmontagsball im Gürzenich mangels Nachfrage auf Eis gelegt worden. Vom Umzug in das Maritim erhoffte man sich neue Impulse. Jahr für Jahr sind die Karten für diesen Ball heißbegehrt. Es ist der Ball der Roten Funken, der als erster ausverkauft ist. Und die Funken setzen auch auf die Jugend und das mit großem Erfolg. Am 26. Februar 1992, dem Mittwoch vor Weiberfastnacht, ging die Premiere einer bis heute begehrten Veranstaltung über die Bühne: Im Congreß-Saal der Messe startete die erste Kindersitzung der Roten Funken – mit großzügiger Unterstützung von Sponsoren wie Messegastronomin Herta Reiss. 1200 Pänz kamen beim ersten Mal, bei dem Präsident Hansgeorg Brock das kindgerechte Programm liebevoll servierte. Inzwischen ist die Kindersitzung in den Kristallsaal der Messe umgezogen. Am 29. September 1995 stand ein Wachwechsel im Senat an. Ex- Regierungspräsident Dr. Günter Heidecke gab nach zehn Jahren sein Amt als Senatspräsident an Gisbert Brovot, langjähriger Funken-Vize, 1. Knubbel-Führer und Ehrenpräsident des Festkommitees, ab. Am 11.Februar 1996 bekam der „Boß“ zu Hause Besuch von Funkenwache und Musikzug. Hansgeorg Brock, Präsident und Kommandant der Roten Funken, war 50 Jahre zuvor als Mitglied der Gesellschaft beigetreten und mit 30 Jahren Amtszeit längster amtierender Präsident der Roten Funken. Das nahmen die Funken zum Anlaß, ihren Chef ganz besonders zu ehren. Der 3. Knubbel spielt bei den Feierlichkeiten zum 175jährigen Jubiläum eine besondere Rolle. An einem eigens geschaffenem kleinem Plätzchen neben der Ulrepforte, das ein gemauerter Rundbogen begrenzt, wird künftig eine lebensgroße Bronzefigur, ein „müder Funk“, stehen. Er trägt das Zeichen des 3. Knubbels, den Dilledopp. Die Figur wurde von Willi Neffgen geschaffen und am 11.11 feierlich eingeweiht.
Welche Bedeutung die Funken für den Karneval haben, zeigt auch die offizielle Briefmarke, die das Postministerium zum Jubiläum 175 Jahre „Kölner Karneval“ herausgebracht hat.
Den bundesweiten Wettbewerb gewann der Chemnitzer Grafik-Designer Harry Scheuner. Die Marke, die am 5.Februar 1997 von Postminister Dr. Wolfgang Bötsch im Rathaus übergeben wurde, zeigt zwei Rote Funken beim Stippeföttche-Tanz.
Die Ulrepforte
Daten und Fakten zur Geschichte eines Stadttores
Bedeutung in der Stadtgeschichte erlangte die Ulrepforte im 13.Jahrhundert, weil in ihrer unmittelbaren Nähe der Überfall auf die Stadt Köln durch den von den Kölner Bürgern vertriebenen Erzbischof Engelbert II. erfolgte (15. Oktober 1268). Mit Hilfe eines Verräters, die Überlieferung nennt den in einem Haus an der Stadtmauer wohnenden Schuster Havenith, wurde ein Durchlass unter der Stadtmauer gegraben. Der Überfall blieb erfolglos und die Stadt Köln unabhängig.
Im 15. Jahrhundert wird an die Ulrepforte eine Mühle für das nahegelegene Kartäuserkloster angebaut. Sie erhält den Namen Kartäuser-Mühle. Weitere Um- und Ausbauten erfolgen bis in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts, zuletzt durch die Familie Guilleaume.
Chronik der Ulrepforte
1907 fällt die Ulrepforte durch eine Schenkung an die Stadt Köln, die sie als Gaststätte verpachtet.
1955 übernehmen die „Kölsche Funke rut-wiess vun 1823 e.V.“, die sich u.a. als Nachfolger der ehemaligen kölnischen Stadtsoldaten verstehen, die Ulrepforte in Erbpacht. Die Gesamtanlage wird bis heute mit hohem finanziellen und ideellem Aufwand restauriert und für Vereinszwecke genutzt.
Die Ulrepforte ist eigentlich nur das alte Stadttor. Heute wird im allgemeinen Sprachgebrauch die Gesamtanlage, also das Tor, der Mühlenturm und die Kaponniére, als Ulrepforte bezeichnet.
Beim Ulretor handelt es sich um ein sog. Doppelturmtor, einen mehrgeschossigen Mittelbau mit Durchfahrt. An den feldseitigen Kanten sind Schalen oder Röhren angefügt. Im Südwesten der Stadt, wo sich unübersichtliches Gelände -auch vor dem Ulretor- erstreckte, überragte der Mittelbau der Stadttore die Flankentürme um ein zusätzliches Geschoß. Das Prinzip der Doppelturmtore geht auf römische Ursprünge zurück. Gleichwohl sind lt. Prof. Dr. Udo Mainzer die Tore Kölns eine eigenschöpferische Leistung, welche die Blüte Kölner Baukunst widerspiegelt.Nach seiner Auffassung war die spätstaufische Bewehrung der Stadt Köln der Anfang der nun eintretenden Welle von Stadtbefestigungen im Rheinland.
Der Name
Der Name der Ulrepforte hat nichts mit dem Namen Ulrich zu tun, was naheliegt, und was man auch aus dem Namen der angrenzenden Strasse, der Ulrichgasse, folgern könnte. Auch „Eulen“ haben nichts zur Namensgebung beigetragen, wie man aus dem Dialektwort „Ülepooz“ schliessen könnte.
Der Name stammt vielmehr von dem mittelhochdeutschen Wort „Ulner“ oder auch „Euler“ ab, was soviel bedeutet wie „Töpfer“. Der ursprüngliche Name Eulergasse findet sich auch im Mercator-Plan der Stadt Köln wieder (1571), dem ältesten bekannten Kölner Stadtplan.
Die Töpfer mußten aus Sicherheitsgründen in dieser Gegend, weitab von bebauten und somit brandgefährdeten Stadtteilen siedeln und arbeiten. Hier befanden sich im Mittelalter nur Obst-, Gemüse- oder Weingärten sowie vereinzelte Hofanlagen.
Die immer wiederkehrende Streitfrage, ob es nun „Ülepooz“ oder Ühlepooz“ heißt, ist damit eigentlich auch entschieden. Da der Ursprungsname kein „h“ enthält, müsste man auch Ülepooz ohne „h“ schreiben. Aber der kölsche Dialekt -und künftig auch die deutsche Sprache- sind flexibel und somit sind beide Schreibweisen erlaubt!
Einzelheiten zur Geschichte
1154 ging von der Abtei St. Pantaleon, die Sitz der erzbischöflichen Hofhaltung war, die Anregung aus, die zwischenzeitlich im Vorfeld der 2. Stadtmauer errichteten Klöster und Stifte in einen sicheren Mauergürtel einzubeziehen.
Um 1179/80 begannen die Kölner Bürger mit Erd- und Bauarbeiten für die -seit langem geplante große -die Stadt im Halbkreis umfassende- Mauer. Dies führte zum Streit mit dem Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg. Die in diesem Jahr begonnenen Befestigungsarbeiten haben die Ausdehnung der Stadt auf über 700 Jahre festgeschrieben.
27. Juli 1180 beurkundet Erzbischof Philipp von Heinsberg den Kölner Bürgern, daß der „Streit um Wall und Graben“ durch den Schiedsspruch des Kaisers gemäß dem Rat der Fürsten geschlichtet sei. Die Urkunde wird am 18. August 1180 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa bestätigt.
ab 1200 ist der Bau der Stadtmauer belegt. Sie wurde auf zuvor angeschütteten Erdwällen errichtet (monumenta Germaniae). Vor diesen Erdwällen wurde ein Graben von ca. neun Metern Tiefe ausgehoben. Die Stadttore entstanden in der Zeit von 1210 bis 1250. Nach den Forschungen des Landeskonservators Prof. Dr. Udo Mainzer gehört das Ulretor zu den bereits im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts -also den bis ca. 1230- entstandenen Toren. Ein zweite Gruppe von Toren entstand um 1250. Die Ulrepforte gehört somit zu den ältesten Profanbauten in Köln.
30. April 1207 gestand König Philipp II. -bei einem Aufenthalt in Köln- der Stadt Köln das Recht zur selbstständigen Instandhaltung und Erweiterung der Befestigung aus eigenen Mitteln und damit die volle Wehrfreiheitzu.
1212 erlaubte Kaiser Otto IV. den Kölnern zum Zwecke des Ausbaus ihrer Befestigungen die Erhebung eines „Mahl- und Braupfennigs“ je Malter Getreide für einen Zeitraum von drei Jahren. Aus diesem Sachverhalt kann geschlossen werden, dass weitere zusätzliche Finanzmittel für den bau der Stadtmauer nicht erforderlich waren. Demnach kann der Abschluß der ersten Bauarbeiten (und somit auch die Fertigstellung des Ulretores) für die Jahre 1215 bis 1220 angenommen werden.
Um 1220 ist der Bau der Stadtmauer weitgehend abgeschlossen. Sie hat auf der sog. Feldseite 50, an der Rheinseite 16 Mauertürme. Der Bau der Stadttore erfolgt danach schrittweise. (Demgegenüber geht Paul Clemen davon aus, dass die regelmässige Art des Anschlusses der Stadtmauer auf beiden Seiten der Tore die gleichzeitige Entstehung der Tore und der Stadtmauer zu beweisen scheint)
1238 erließ König Konrad IV. ein Edikt, wonach Orte mit Stadtrecht Mauern von mind. 18 Fuß Höhe (ca. 5,65 m) und mind. 4 Fuß Stärke (ca. 1,25m) haben müssen.
1245 erste Erwähnung eines Stadttores an dieser Stelle (Ulrepforte) im Schreinsbuch der Pfarrei St. Severin.
Ca. 1259 Fertigstellung der neuen Stadtmauer (3. Stadterweiterung). Sie um-fasst eine Fläche von rd. 400 ha und ist die größte ummauerte Stadt nördlich der Alpen.
14./15. Oktober 1268 „up der heiliger More naicht“ dringen die Anhänger von Erzbischof Engelbert II. und des Geschlechterverbandes der Weisen in der Nähe der Ulrepforte in die Stadt Köln ein. Einige Männer kriechen -mit Hilfe des unmittelbar an der Mauer wohnenden armen Schusters und Kerzendrehers Havenith- durch einen Durchbruch unter der Stadtmauer hindurch und öffnen die Ulrepforte von innen. In blutiger Schlacht wird der Überfall von den Kölner Bürgern unter Führung der Overstolzen abgewehrt. Etwa 100 Jahre später lässt die Stadt Köln am Ort des Durchbruchs zur Erinnerung an dieses denkwürdige Ereignis ein Steinrelief anbringen (heute Replikat, Original im Stadtmuseum). Es ist dies das älteste profane Denkmal in Deutschland.
1271 söhnten sich Erzbischof Engelbert von Falkenburg und die Stadt Köln aus. Albertus Magnus entwarf den Sühnevertrag, in dem Engelbert die Freiheiten Kölns anerkannte. In den Berichten über dieses Ereignis wird dieses Stadttor erstmals als Ulrepforte bezeichnet. Das Tor war von zwei halbkreisförmigen, nach innen (Stadtseite) offenen Halbtürmen, flankiert. Die Halbtürme dienten zum einen der Stabilisierung der Mauer (damit sie nicht umkippte) und zum anderen ermöglichten sie es den Verteidigern der Stadt, aus einer vor der Stadtmauer liegenden, geschützten Position, parallel zu derselben zu schießen. Das Ulretor war rd. vier Meter breit. Es hatte somit den schmalsten Durchgang der kölnischen Stadttore.
Nach der vermutlich seit dem Ende des 14. Jahrhunderts bestehenden städtischen Wachtordnung, die erst 1583 durch eine neue Ordnung aufgrund sog. Kolonellschaften (Bezirke) abgelöst wurde, war es Aufgabe der Gaffeln bestimmte Abschnitte der Stadtmauer zu sichern. Dem Brauamt war für den Verteidigungsfall die Mauer am Kartäuserwall, vom Turm östlich bis zum dritten Turm westlich der Ulrepforte zur Bewachung zugewiesen. Die Brauer mussten 16 Mann stellen, je drei sollten die vier Türme und vier Mann die Ulrepforte besetzt halten. Die Ulrepforte und der 2. und 3. westliche Turm stehen noch heute. Die Türme befinden sich ebenfalls im Besitz alter Traditionskorps des Kölner Karnevals, der Blauen Funken und der Prinzengarde. Beide Gesellschaften sind 1871 bzw. 1906 aus den Roten Funken hervorgegangen.
1446 wird ein Umbau erwähnt, näheres ist jedoch nicht bekannt. Spätestens zu dieser Zeit wurde die Anlage als Stadttor aufgegeben. In das Halbrund des nord-westlichen Halbturms wird ein runder Mühlenturm eingebaut, dem man eine Windmühle (Kappenmühle) aufsetzte. Der für den Mühlenbetrieb benötigte ca. fünf Meter breite Umgang oberhalb des Mahlwerks wurde dadurch hergestellt, daß man diesen stadtseitig mit acht hohen Bogenstellungen an den Turm anbaute. Auf der sog. Feldseite wurden dafür die bis dahin offenen Halbtürme mit einem flachen Dach versehen.
1453-1468 baute man an der Feldseite ein Vorwerk, „Kaponnière“ genannt, an. Es handelt sich um ein zweigeschossiges Festungsgebäude, welches fast ganz im damaligen Stadtgraben, der rd. neun Metern Tief war, verschwand. Die Dicke der Außenwand beträgt rd. 1,60 Meter, die sich in den Pfeilerbereichen auf ca. 1,80 Meter erweitert. Das Dach ist an den dünnsten Stellen ca. 1,20 Meter dick. Der notwendige separate Zugang zur Kaponnière war mit einem befestigten Gang, der durch das alte Stadttor betreten wurde, gewährleistet.
1644 wurde eine Wohnung für den Kartäuser-Müller in den süd-östlichen Halbturm eingebaut. Dieser erhielt dabei ein Spitzdach, sowie einen Anbau in Richtung der heutigen Strasse Kartäuserwall.
Anlaß war, daß die Mönche des gegenüberliegenden Kartäuserklosters beim Rat der Stadt Köln darüber Klage geführt hatten, daß die im Turm liegende Müllerwohnung „uns wegen der Aussicht sehr lästig ist und an einen Ort unterhalb des Turms verlegt werden solle“ (gemeint war wohl der damals noch überbaute Umgang, der sog. Müllergang; vgl. auch den Stich von Samuel Prout, 1824).
Die Stadt (die Ulrepforte war zu diesem Zeitpunkt offensichtlich im (Mit-)Besitz der Stadt Köln) und das Kloster finanzierten den Neubau der Müllerwohnung gemeinsam mit rd. 280 Talern.
Der so erreichte Bauzustand erhält sich dann bis in das 19. Jahrhundert, wie eine zeichnerische Bauaufnahme aus dem Jahre 1881 belegt. Der Kölner Architekten- und Ingenieurverein -AIV- hatte unter seinem damaligen Vorsitzenden Wiethase eine Dokumentation der stadtkölnischen Mauer und insbesonders der Torburgen veranlasst, bevor diese in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts niedergerissen wurden.
Das Ergebnis dieser Arbeiten wurde als Buch „Cölner Thorburgen und Befestigungen 1180 – 1882“ im Jahre 1883 veröffentlicht. Auf der Grundlage dieser Zeichnungen wurden die Rekonstruktionsarbeiten des süd-östlichen Halbturms in den Jahren 1993/94 durchgeführt.
1682 In dieses Jahr datiert Paul Clemen den Einbau der Müllerwohnung.
1670/71 wurden die reichsstädtischen Befestigungsanlagen wegen der fortwährenden Bedrohung durch Frankreich und Kurköln verstärkt und ausgebaut. Rund 114 000 Gulden wurden für Arbeiten an neuen Befestigungsanlagen ausgegeben.
Bereits seit den 1630er Jahren wurden die Festungswerke der Stadt nach und nach ausgebaut oder erneuert. So wurde 1646 ein Bollwerk vor dem Eigelsteintor errichtet; 1667 wurden die Arbeiten in größerem Umfange wieder aufgenommen und gleichzeitig die Zahl der Stadtsoldaten und die Menge des Kriegsgerätes aufgestockt. 1670/71 wurde für 12 000 Reichstaler ein Bollwerk zwischen Severinstor und dem Weyertor angelegt, welches auch die Befestigungsanlagen des Ulretores mit umfasste.
1827 ist im Urkataster der Stadt Köln (Handriss) eine Witwe Herriger als Eigentümerin verzeichnet. Die in dieser Karte dargestellte Parzellenaufteilung, die auch einzelne Teile der Gesamtanlage eigentumsrechtlich separiert, deutet auf mehrere Eigentümer der verschiedenen Gebäudeteile in den vorhergehenden Jahren hin.
1841 wurde die Ulrepforte an die Familie Hochkirchen verkauft.
11. Juni 1881 begann der Abriss deralten Kölner Stadtmauer, um das weitere Wachstum der Stadt Köln zu ermöglichen. Zuvor war der Festungsstatus der Stadt, der bis dahin jede Entwicklung verhinderte, von der preussischen Staatsregierung aufgehoben worden. Zwei Türme (Bottmühle und Ulrepforte), drei Tore (Severins-, Hahnen- und Eigelsteintor sowie drei Teilstücke der Mauer (an der Bottmühle, am Sachsen- und am Hansaring) wurden zu historischen Denkmälern erklärt und vom Abbruch verschont. Der Anschluß der ehemaligen Stadtmauer ist noch heute an beiden Seiten der Ulrepforte zu erkennen.
Um die gleiche Zeit ging die Ulrepforte in den Besitz der Familie Guilleaume über, die in unmittelbarer Nähe -auf dem Gelände der heutigen Berufsschule Ulrichgasse- eine Seilerei betrieb.
1885/86 wurde die alte Kartäusermühle durch den neuen Eigentümer abgebaut und der Turm erhielt seine heutige Höhe sowie eine neue, neugotische Turmhaube. Auf der Kaponniére wurde eine Gaststätte in neugotischem Stil erbaut. Das Lokal war unter dem Namen „Zur guten Bierquelle“ bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts bekannt. Architekt des damaligen, neugotischen Aufbaus war der Diözesanbaumeister Vincenz Statz. Diese Funktion hatte er damals schon inne und er war bekannt für seine umfangreiche „Nebentätigkeit“.
1907 schenkte Frau Kommerzienrat F.C. Guilleaume die Ulrepforte an die Stadt Köln zurück. Die Gastronomie wurde verpachtet.
Im 2. Weltkrieg diente die Ulrepforte als Luftschutzraum. Durch Kriegseinwirkungen wurde sie schwer beschädigt. Der Kaponnièren-Aufbau des Jahres 1885 wurde zerstört. Eine Nutzung des Gebäudes fand nach dem Kriege nicht mehr statt.
1955 wurde die Ulrepforte durch die „Kölsche Funke rut-wiess vun 1823 e.V.“ unter ihrem Präsidenten Eberhard Hamacher in Erbpacht übernommen. Mehrere Entschuttungsaktionen, an der Spitze der Bürgermeister Theo Burauen (bei den Roten Funken „Gineral Flintenbein“), wurden durchgeführt. Die festliche Einweihung von Erdgeschoß und Turm fand am 30. September 1956 durch Oberbürgermeister Dr. Schwering statt.
1968 wurde dem Turm unter der Aufsicht der Stadtkonservatorin Dr. Hanna Adenauer die neue Wetterfahne, die zwei wibbelnde Funken zeigt, aufgesetzt.
1972 wurde das Kellergeschoss freigelegt und für unsere Vereinszwecke restauriert.
1991-1994 wurden umfassende Bauarbeiten durchgeführt.
So die Renovierung des hölzernen Turmumgangs mit umfassender Sanierung des Holzwerks und die Innensanierung des nord-westlichen Halbturms. Die Tuff-Innenausmauerung der alten Halbschale musste vollständig erneuert werden. Sie zeigt sich heute in einem hervorragenden Zustand und interessanten denkmaltechnischen Details (Balkenauflager einer Zwischendecke und Balkenauflager des Lehrgerüstes für das Gewölbe).
Es folgte die Sanierung und Rekonstruktion des süd-östlichen Halbturms auf der Grundlage der schon erwähnten Bauaufnahme von 1881. Einzelmaßnahmen waren: Sanierung der Aussenhaut, Wiederherstellen eines alten Fensters, Wiederherstellen des alten Wurferkers, Sanierung der Innenräume.
Den größten Aufwand erforderte der Wiederaufbau des historischen Spitzdaches auf diesem Turm (Teil der ehemaligen Wohnung des Kartäuser-Müllers). Dadurch konnten die seit dem 2. Weltkrieg bestehende provisorische und problematische Flachdachsituation (Eindringen von Wasser) bereinigt und im 2. Obergeschoss ein weiterer Raum für Vereinszwecke gewonnen werden.
Seit 1994, also 200 Jahre nach der Besetzung der Stadt Köln durch die Franzosen, weht nun wieder die Funkenfahne (als Wetterfahne) über der alten Kölner Stadtmauer.
1995-1997 Sanierung der Kaponniere durch Isolierung der Fundamente und Wiederherstellung der ursprünglichen Fassadengliederung und des historischen Aussenputzes -ein Wechsel von glatt geputzten Pfeilervorlagen und zurückliegenden Flächen mit sog. Kellenputz.
Die Umgebung der Ulreporte wurde in diesem Zusammenhang von starkem pflanzlichen Bewuchs befreit, der die Fundamente bereits deutlich angegriffen hatte und im übrigen nicht der historischen Situation entsprach. Die Freiflächen neben der Ulrepforte wurden neu gestaltet.
1998 zum 175-jährigen Jubiläum der Kölsche Funke rut-wiess vun 1823 e.V. malte der Kunstmaler Raffael Becker im Stile der mittelalterlichen Tafelmalerei ein Triptychon „Geschichte der Ulrepforte“. Auf den drei Teilen des Bildes wird die (vermutete) bauliche Situation der Ulrepforte im 13. Jahrhundert, die Bausituation im 17. Jahrhundert und im Jubiläumsjahr 1998 dargestellt. Die Darstellung des Bauwerks wird durch historisch belegte Szenen, sowie Text- und Bildcollagen, ergänzt.
2000/2001 wurde der Arkadenbereich des Mühlenturms saniert. Der Boden wurde mit einer Basalt-Pflasterung neu gestaltet. Das aufgehende Mauerwerk und die Säulen wurden gereinigt, schadhafte Stellen ausgebessert, neu verfugt und insgesamt unter Gesichtspunkten der Denkmalpflege saniert.
Für die Ermittlung der vorstehenden Sachverhalte wurden folgende Quellen benutzt:
* Chronik zur Geschichte der Stadt Köln, Hrsg. Peter Fuchs, Greven Verlag Köln, 1990, Band 1 und Band 2
* Carl Dietmar, Die Chronik Kölns, Chronik Verlag, Dortmund 1991
* Die Kunstdenkmäler der Stadt Köln, Hrsg. Paul Clemen, Zweiter Band, IV. Abteilung, Die profanen Denkmäler, Verlag von L. Schwann, Düsseldorf 1930
* Udo Mainzer, Stadttore im Rheinland, Hrsg. Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., Jahrbuch 1975, Verlag Gesellschaft für Buchdruckerei AG, Neuss
* Cölner Thorburgen und Befestigungen 1180 – 1882, Hrsg. Architekten- und Ingenieurverein für den Niederrhein und Westfalen, 1883
* Die Kölner Kartause um 1500, Hrsg. Werner Schäfke, Aufsatzband zur Ausstellung, Kölnisches Stadtmuseum, Köln 1991
* Helmut Signon, Stefan Volberg: Die Roten Funken von Köln, Hrsg. Kölsche Funke rut-wiess vun 1823 e.V., Köln 1989
* Urkataster der Stadt Köln von 1827, Handrisse der Feldaufnahme, Katasterarchiv der Stadt Köln, Vermessungsamt
Heinz Jürgen Müller (Wasserwooch)
Feldpostkarten-Projekt
Das Feldpostkarten-Projekt der Kölsche Funke rut-wieß vun 1823 e.V.
1347 Feldpostkarten und zwei Rechnungshefte, in denen er akribisch den Versand der Pakete notierte, bilden ein einzigartiges Dokument über den Alltag an der Front und die Erfahrung einer Gruppe von Kölnern mit ähnlichen biographischen Hintergründen und Lebenseinstellungen. Im Kreis der Funken hatte man einen besonderen Blick auf das Militär und das Soldatische. Während Ihre Vorläufer, die Kölner Stadtsoldaten, von Mitte des 17. bis Anfang des 19. Jahrhunderts als Teil des kaiserlichen Heeres und zur Bewachung der Freien Reichsstadt Köln aufgestellt waren, persiflierten die Roten Funken ab 1823 im Kölner Karneval das Militär. Als Symbol des Antimilitärischen und Verulkung strengen militärischen Exzerzierens bringen sie bis heute den „Stippeföttche“-Tanz auf die Bühne. Und bis heute legen die Funken ihren Vorläufern den vielsagenden Ausruf im Angesicht anrückender Truppen in den Mund: „Nit scheesse, he stonn doch Minsche!“
Auch vor diesem Hintergrund möchten die Roten Funken gemeinsam mit dem Kölnischen Stadtmuseum, dem rheinisch-westfälisches Wirtschaftsarchiv und der Fachhochschule Köln/Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft die Feldpostkarten als Beitrag zur Aufarbeitung des Ersten Weltkrieges und zum Gedenken an die gefallenen Soldaten präsentieren.